BMW F 800 GS Adventure

Die Bayern bringen erstmals eine Adventure auf Basis der F 800 GS.

 

BMW F 800 GS Adventure sportlicher Reisen.

Fast wäre sie an uns spurlos vorüber gegangen, so wenig Publicity bekam die brandneue BMW F 800 GS Adventure bei ihrer Einführung. Grund dafür ist wohl, dass die Bayern immer noch mit der neuen R 1200 GS in aller Munde sind, da wurde das neue 800er-Modell nicht grossartig aufs Podest gehoben völlig zu Unrecht!
   
Die kleine Adventure ist nämlich eine überaus interessante Alternative zur dicken 1200er-GS in Adventure-Ausführung. Und das nicht nur, weil sie um einige Tausender billiger ist, sondern vor allem, weil sie das Thema Adventure sehr ernst nimmt und alle dafür notwendigen Eigenschaften mitbringt. Da wäre zum einen der Motor, der zwar mit 85 PS bei 7500 Umdrehungen und einem Drehmoment von 83 Newtonmetern bei 5750 Touren deutlich schwächer ist als jener der grossen Adventure, dafür wiegt die 800er mit einem fahrfertigen Leergewicht von 229 Kilo auch deutlich weniger. Damit schiebt der kompakte Reihen-Zweizylinder mit vier Ventilen pro Zylinder und moderner Einspritzung die F 800 GS Adventure erstaunlich agil und leichtfüssig voran.

Mit einem überraschend leichtfüssigen Handling.

Vor allem agiler als es die fette Optik vermuten liesse. Dass die Maschine im Tankbereich so breit wurde, liegt nicht am grösseren Tank sondern ist ein guter Trick, um die Adventure von ihrer herkömmlichen Schwester besser unterscheiden zu können. Das echte Spritfass lagert nämlich unter der Sitzbank und hat es im wahrsten Sinne des Wortes ordentlich in sich. Ganze 8 Liter mehr passen gegenüber der normalen F 800 GS hinein, das macht stolze 24 Liter, die für eine enorme Reichweite sorgen können. Sie müssen aber nicht, denn die F 800 GS Adventure kann insgesamt sportlicher gefahren werden, als es die Optik vorgibt, neben dem drehfreudigen Motor animiert auch das sensible Fahrwerk und der stabile Rahmen zu flotter Fahrweise.

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Was aber auch nicht verwundert, der Rahmen ist abgesehen vom verstärkten Heckrahmen mit jenem der herkömmlichen F 800 GS identisch und auch die Federelemente mit der 43-Millimeter-USD-Gabel und dem stufenlos in der Federvorspannung verstellbaren Monofederbein entsprechen der vergleichsweise sportlichen F 800 GS. Falls man es trotzdem mal übertreibt, hält die Elektronik alles im Zaum, zumindest, wenn man als Extra die automatische Stabilitätskontrolle ASC (Automatic Stability Control) ordert. Für ebenfalls mehr Sicherheit aber vor allem mehr Komfort sorgt das (logischerweise aufpreispflichtige) elektronisch verstellbare Fahrwerk ESA (Electronic Suspension Adjustment), das es erlaubt, das hintere Federbein ganz bequem vom Lenker aus und somit während der Fahrt in den Stufen Komfort, Normal und Sport zu verstellen.



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Ganz neu auf der F 800 GS Adventure ist der Enduro-Modus der Stabilitätskontrolle, der das Regelverhalten von ASC und ABS für ein verzögertes Eingreifen anpasst. Das Schlupfniveau wird erhöht, verbesserte Beschleunigungs- und Verzögerungswerte auf losem Untergrund sind die Folge, und die Adventure grenzt sich damit noch mehr von der herkömmlichen F 800 GS ab. Dass dieser Enduro-Modus nur in Verbindung mit der Sonderausstattung ASC im Enduro Paket geordert werden kann und somit nochmals einen tieferen Griff ins Börserl verlangt, versteht sich wohl von selbst.

Ein sehr grosser und wichtiger Unterschied zur F 800 GS ohne Adventure ist der viel bessere Windschutz. Nicht nur die breitere Verkleidung hält den Fahrtwind ausgezeichnet von den Beinen fern, vor allem das hohe Windschild lässt sogar bei höherem Autobahntempo den Wind leise säuseln. Damit es nicht nur der Oberkörper bequem hat sondern auch der Hintern und die Hände, besitzt die Adventure eine etwas höhere und weichere Sitzbank sowie Handprotektoren. Apropos Protektoren, für den Fall der Fälle kann man sich auf Motorschutzbügel und als Tankschutzbügel fungierende Kofferhalter verlassen, der einstellbare Fussbremshebel wurde ebenfalls verstärkt. Zu diesem rustikalen Auftritt passen dann auch hervorragend die optionalen LED-Zusatzleuchten, die ja in der breiten Front genug Platz finden und irgendwo in der ärgsten Pampa die Nacht zum Tag machen.

Eines der vielen praktischen und funktionellen Detail sind die herausnehmbaren Gummieinlagen in den Pedalen - die Bayern wissen, was zählt. Die volle Ausstattung mit ABS, ASC und ESA - eigentlich aufpreispflichtig, in der Launch-Edition (auf 1000 Stück limitiert) aber gratis dabei!
Die F 800 GS Adventure ist dank breiter Verkleidung und hohem Windschild ein waschechtes Reisemotorrad, kann aber erstaunlich flott um die Kurven geworfen werden.

Die goldene Mitte zwischen F 800 GS und grosser Adventure.

Die Armaturen entsprechen wiederum voll und ganz der normalen F 800 GS, bieten alle Informationen, die man unbedingt braucht und dazu noch einiges mehr. Vor allem die riesige Ganganzeige freut mich und schont die Oberseite des linken Stiefels, verwunderlich ist aber, warum bei der Tankanzeige erst ab einem halbleeren Tank die Balken beginnen, darüber aber lediglich ein Pfeil anzeigt, dass noch genügend Sprit da ist. Nicht schlimm, aber sehr seltsam, immerhin stellt es für BMW auf anderen Modellen kein Problem dar, auch einen ¾ vollen Tank anzuzeigen.

 
Die wichtigsten Unterschiede zur BMW F 800 GS (Werksangaben):
  F 800 GS Adventure F 800 GS
Tankinhalt 24  Liter 16 Liter
Sitzhöhe 890 mm 880 mm
Sitzhöhe niedrig 860 mm 850 mm
Tieferlegung nein 820 mm
Leergewicht fahrfertig 229 kg 214 kg
Zuladung 225 kg 230kg
Länge / Breite / Höhe 2300 / 925 / 1450 mm 2305 / 920 / 1345 mm
Verbrauch bei 90 / 120 km/h 4,3 / 5,7 Liter 3,8 / 5,2 Liter
   

Ein wahrer Kritikpunkt betrifft die Bremse, im speziellen das serienmässige ABS. Die Doppelscheibe mit 300 Millimetern Durchmesser und Doppelkolbenzangen selbst werkt schon ordentlich, nicht unbedingt sportlich aber auch nicht überraschend brachial, wie es nun mal auf einem Weitstrecken-Motorrad am besten passt. Dass die Anlage am Vorderrad zeitweise etwas quietscht, stört auch nicht weiter und scheint für die neue Adventure ganz normal zu sein, denn selbst im offiziellen BMW-Promotionsvideo hört man die Bremse leise wimmern. Ärgerlich ist aber das ABS, nach Bodenwellen oder sogenannten Bremsschwellen, die in Ortschaften die Raser zur Räson bringen sollen, hat das System offenbar ziemliche Probleme, den vorhandenen Kontakt zur Strasse richtig einzuschätzen. Die Regelintervalle sind dadurch viel zu lange und das Ganze erinnert an BMW-Antiblockiersysteme der ersten Generation.

 
Das Koffersystem aus Alu ist sehr robust und nimmt eine gewaltige Menge an Gepäck auf. Der linke Koffer ist aber durch den hoch verlegten Auspuff etwas kleiner als der rechte.

Ach ja, wenn ich schon bei den wenigen Kritikpunkten angelangt bin, das aufpreispflichtige Navi spielt zeitweise auch ein wenig verrückt, indem sich der Bildschirm aus heiterem Himmel einige Male im Kreis dreht, so als würde man sich gerade über die Längsachse überschlagen. Besonders verwunderlich ist, dass dies auf der Autobahn bei schnurgerader Fahrt und gutem Belag passiert muss wohl mit Vibrationen zu tun haben und ist sogar recht witzig, kann mit der Zeit allerdings auch ein wenig nerven. Dafür verrichtet das Navi seinen Dienst ausgezeichnet und ist durch die fixe Montage auch ständig am Strom, Ausfälle durch einen leeren Akku sind also ausgeschlossen. Ganz BMW-typisch ausgeklügelt ist auch der Rest des umfangreichen Zubehörs: Angefangen beim robusten Kofferset aus Alu über das ebenso robuste Topcase, Hauptständer, Heizgriffe, niedrige Sitzbank und LED-Blinker bis zum getönten Windschild stellen die Bayern absolut sinnvolle und vor allem qualitativ hochwertige, aber auch teure Extras zur Verfügung, die das Leben auf der Adventure und das (mehrfache) Umrunden der Welt erleichtern.
 

Scheint aber so, als hätte BMW selbst erkannt, dass es manchmal ganz schlau ist, ein Motorrad von Beginn an mit einer umfassenden Ausstattung anzubieten: Als besonderes Zuckerl für Schnellentschlossene gibt es die sogenannte Launch Edition in einer Auflage von 1000 Exemplaren. Mit dabei sind gleich drei Ausstattungspakete das Komfort-Paket beinhaltet Bordcomputer, Heizgriffe und Hauptständer, während das Enduro-Paket die Stabilitätskontrolle ASC und den Enduro-Modus bereitstellt. Das Sonderzubehör-Paket vervollständigt schliesslich die Ausstattung mit dem abschliessbaren Aluminium-Koffersatz, Topcase-Halter sowie dem BMW Motorrad Navigator Adventure inklusive Halterung und Kabel.

 

Fazit
Die neue BMW F 800 GS Adventure dürfte eigentlich schlechter sein als sie in Wirklichkeit ist, immerhin hat sie praktisch keine Konkurrenz zu fürchten. Kawasakis kleine Versys ist zu sportlich, Suzukis V-Strom ist kaum geländetauglich, Yamahas 660 Ténéré ist zu schwach und die Triumph Tiger 800 ist sogar als XC-Version eher mit der normalen F 800 GS vergleichbar. Dass die BMW dennoch so gut funktioniert und das Thema Langstrecke und Weltreise so ernst nimmt, spricht wieder mal für die Bayern. Dadurch ist auch klar, dass die kleine Adventure vorrangig im eigenen Stall wildern wird. Die grosse R 1200 GS Adventure mag ja bisher das ultimative Langstrecken-Adventure-Bike gewesen sein, wer aber auch ein wenig Wert auf Spass und Sport legt, ist mit der F 800 GS Adventure gewiss besser bedient.

 

Interessante Links:

Text: 1000ps
Fotos:
Gallei / Kukla

Fazit: BMW F 800 GS Adventure 2013

Die große R 1200 GS Adventure mag ja bisher das ultimative Langstrecken-Adventure-Bike gewesen sein, wer aber auch ein wenig Wert auf Spaß und Sport legt, ist mit der F 800 GS Adventure gewiss besser bedient.


  • Drehmoment starker Motor
  • geringes Gewicht
  • 24-Liter Tank
  • Nix

Bericht vom 25.06.2013 | 40.452 Aufrufe

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