BMW Elektroroller Test

Fahreindrücke BMW C evolution (Elektro-Maxiroller).
 

BMW C evolution Elektroroller Test

Geräuschloses Fahrerlebnis der etwas anderen Art.
 
Die Reihenfolge ist festgelegt: Erst den Zündschlüssel drehen, dann den Handhebel der Hinterradbremse betätigen, daraufhin den Starterknopf rechts am Lenker drücken. Jetzt wechselt die Anzeige im vielfarbigen TFT-Display des BMW C evolution, der erste bayerische Elektro-Maxiscooter ist bereit zum Losfahren. Vorsichtig Gas geben! lautet die Ermahnung von Projektchef Christian Ebner; am Hinterrad liege nämlich ein Moment von 590 Newtonmetern an, das könne die neuen Metzeler Feelgreen bei unbedachtem Vorgehen schnell mal überfordern.
 

Also langsam das Potentiometer betätigen. Nur das Geräusch des in der Einarmschwinge laufenden Zahnriemens und das Surren des Elektromotors ist zu hören, als sich der C evolution in Bewegung setzt. Freilich verfliegt die Scheu vor herzhaftem Beschleunigen schon bald und es zeigt sich, dass der bayerische Kraftmeier bei Bedarf brachial beschleunigt: Bis etwa Tempo 80 ist er trotz einer Homologationsleistung von 11 kW/15 PS seinem mit 60 PS-Verbrennungsmotor ausgerüsteten Kollegen C 600 Sport klar überlegen. Eindrucksvoller als die überraschend hohe Leistungsfähigkeit des Antriebs ist jedoch die Mühelosigkeit des Fahrens, die durch die nicht existente übliche Geräuschkulisse verstärkt wird. Keine Frage: Die erste Probefahrt mit dem in Weiß und Grün gehaltenen Prototypen zeigt, dass BMW das Thema Elektromobilität auf zwei Rädern offenbar nicht weniger ernst nimmt als bei den Pkws.

Obwohl die Serienfertigung erst gegen Ende des Jahres 2013 beginnen wird und die Markteinführung dann im Frühjahr 2014 erfolgt, macht der fahrfertige Prototyp des C evolution schon jetzt einen erstaunlich fertigen Eindruck: Das TFT-Display gefällt durch Informationsgehalt, leichte Ablesbarkeit und sein Design gleichermaßen, die Sitzposition ist entspannt, das Raumangebot reichlich. Das Ausklappen des Seitenständers setzt die Feststellbremse in Gang und unterbricht zusätzlich die Stromversorgung; der C evolution kann also nicht durch versehentliches Betätigen des Gasgriffs unbeabsichtigt gestartet werden.

BMW c evolution Cockpit Ansicht Display
BMW c evolution Front Lichter

Bildergalerie BMW C evolution

Obwohl auf die Fahrwerksabstimmung nach Aussagen der Entwickler noch kein großer Wert gelegt worden ist, fährt sich der Prototyp leicht und gefällig, lenkt willig ein und bleibt in Kurven stabil auf Kurs. Offenbar ist die Balance des C evolution sehr ausgefeilt, wofür allerdings auch erheblicher Aufwand getrieben worden ist: Denn der gesamte Akku-Block, der aus drei Elementen besteht und 8 kWh speichert, ist als tragendes Element ausgelegt, an das ein Front- sowie ein Heckrahmen geschraubt sind.

 
 
Die Balkenanzeige, die beim Losfahren einen Stromvorrat von 100 Prozent signalisiert, verändert sich anders als die meisten Tankuhren bereits nach kurzer Zeit: Ziemlich genau nach rund einem Kilometer Fahrt wird ein Prozent weniger Füllstand angezeigt.  Pfiffig ist, dass der Fahrer im Display erkennt, wie ökonomisch oder eben unökonomisch er unterwegs ist, denn es gibt eine Akut-Anzeige, die sowohl die Stromentnahme als auch die Energie-Rückgewinnung durch Rekuperation beim gaslosen Rollen wie auch beim Bremsen verdeutlicht.
Die Ansage der Entwickler, dass man bei halbwegs bedachter Fahrweise pro Kilometer ein Prozent der Batterie-Kapazität verbrauche, bestätigt sich im Laufe der Fahrt: Nach 27 Kilometern zeigt die Vorratsanzeige noch 70 Prozent, also wurden 30 Prozent verbraucht. Bei sicherlich nicht optimal ökonomischer Fahrweise, denn das Aufziehen des Gasgriffs macht echt Laune. Besonders deshalb, weil die Beschleunigung praktisch geräuschlos abläuft. Im Vordergrund stehen Windgeräusche am Helm. Der Windschutz des breit konzipierten, aber relativ niedrigen, nicht verstellbaren Windschilds gefällt; in der Serie soll zusätzlich eine höhere Version angeboten werden.
 
 
Einfach und schnell soll das Laden des Akkus ablaufen: Im linken der beiden Frontfächer findet sich eine Steckdose; hier wird das Ladekabel eingesteckt, das mit einer handelsüblichen Haushaltssteckdose verbunden wird. Nach drei Stunden sollen wieder 100 Prozent Füllstand erreicht sein, die Kosten dafür betragen bei derzeit rund 25 Cent pro kWh etwa zwei Euro.

Wie sich das Fahrzeug bei höheren Geschwindigkeiten verhält, lässt sich beim Fahrtest auf den häufig extrem kurvigen und unübersichtlichen Landstraßen in der englischen Grafschaft Kent nicht überprüfen; mehr als rund 90 km/h sind unter den gegebenen Umständen nicht möglich. Dafür stellt der Elektroantrieb eindrucksvoll unter Beweis, wie gut die Abstimmung der Antriebsregelung bereits ist: Selbst bei extremer Konstant-Langsamfahrt von etwa 3 km/h ist keinerlei Ruckeln zu spüren; Wenden am Lenkanschlag verläuft deshalb vollkommen mühelos.

 


Schon auf Serienniveau scheint auch die Bremsanlage zu sein; die drei Bremsscheiben verzögern gleichermaßen kräftig wie gut dosierbar, das ABS greift bei Bedarf spürbar, aber nicht aufdringlich ein.

Erstmals bei einem Elektro-Zweirad kommen beim C evolution die von den führenden Automobilherstellern erarbeiteten Standards für Hochvoltsicherheit und Funktionssicherheit (DIN 26262) zum Tragen. Die Entwicklung nach dieser Vorgabe ist nach Aussage von BMW bisher einmalig und macht den C evolution zu einem sicherheitstechnisch unbedenklichen Fahrzeug.

Noch nicht geklärt sind Fragen zum Vertrieb des C evolution und die Preisfestsetzung. Sicher ist, dass ein Aufschlag auf den Preis der BMW-Roller mit Verbrennungsmotor erforderlich ist. Allerdings sieht es auch Stephan Schaller, der neue Leiter von BMW Motorrad, als nicht möglich an, ihn so teuer anzubieten, dass er seine Kosten wieder einspielt.


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Text: Frieder Freinberger
Fotos: BMW

Bericht vom 06.08.2012 | 11.766 Aufrufe

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