GS Killer

Wir schickten Tiger XC, Tiger Explorer und Multistrada 1200 S gegen die GS in die Alpen zur Bergwertung.
 

BMW R 1200 GS Killer

Seit Jahren steht die BMW R 1200 GS an der Spitze, seit Jahren treten neue Mitbewerber auf den Plan um sie vom Thron zu stoßen. 1000PS greift sich die GS-Killer und lässt sie gegen die BMW antreten. Können Triumph Tiger Explorer, Ducati Multistrada oder Tiger 800 XC siegen?
 
Die Arena des Kampfes um die Spitze konnten wir würdevoller nicht wählen. Als Basislager diente das elitäre Highbike Testcenter in Ischgl. Die Halle hier am Parkplatz ist prall gefüllt mit den feinsten Motorrädern der Saison und steht zu vergünstigten Konditionen den Ischgl-Touristen zur Verfügung. Wir nutzen diese perfekte Infrastruktur und werfen die Motorräder sofort in die Schlacht. Gekämpft wird am Arlberg, auf der Silvretta und am Furxapass. Nur hier in den Alpen gibt es jene Testbedingungen, um wirklich sagen zu können, was Sache ist.

Beginnen wir mit den unspektakulären Dingen. Windschutz, Fahrkomfort und Ergonomie. Die Multistrada ist bestimmt die komfortabelste Ducati aller Zeiten und ein großartiger Erstaufschlag für eine Reiseenduro. Die Sitzposition ist wie der Rest vom Motorrad einen Tick agiler. Der Windschutz kann der GS nicht das Wasser reichen, der Sitz bietet ebenfalls nicht jenen Komfort der GS. Die Multi zeigt erst dann was sie drauf hat, wenn der Gasgriff gemolken wird. Dann wird der Reiter mit dem Motorrad eins und freut sich über den Höcker hinter dem Gesäß, welcher beim Dahinzuckeln noch störend wirkte.

Die Tiger Explorer kommt nahe ran an den Fahrkomfort den die GS bietet. Der Windschutz scheint auf einem Niveau mit der GS zu sein, die Sitzbank wirkte nicht ganz so hochwertig. Die Haltung am Motorrad ist aber immer noch auf der GS ungeschlagen. Entweder war es ein Glücksgriff, oder es waren die besten Entwickler am Werk Lenker, Geometrie, Sitz, Kniewinkel, Fußrasten das passt für den Großteil der Mitteleuropäer einfach richtig gut.
 

GS: Ergonomie ungeschlagen


Die Tiger XC ist die einzig echte Enduro unter den Herausforderern im Felde. Sie ist höher, sie wirkt aber schlanker und fühlt sich im Betrieb so an, wie sie ist aus einer etwas kleineren Liga. Da ist einfach weniger Motorrad vorhanden. Die Sitzbank der Tiger XC ist auf langen Strecken nicht so komfortabel wie jene der GS, die Ergonomie ist jedoch ebenfalls gut gelungen.

Mittlerweile war die Aufwärmphase hinaus aufs Paznauntal erledigt und hinauf auf den Arlbergpass; hinüber nach Lech, Zürs und Warth erfreuen wir uns an den ersten Kurven. Immer wieder versuchen wir, der GS mit den anderen Bikes ans Bein zu pinkeln, dies gelingt uns aber nur stellenweise. Die Multistrada kann klarerweise auf den längeren Verbindungsgeraden punkten. Der Motor ist eigentlich ein Supersport-Aggregat, welches auch bei niedrigen Drehzahlen funktioniert. Die Leistung von 150 PS wird denkbar entspannt aus dem Ärmel geschüttelt. Auch die Tiger Explorer kann auf den längeren Geraden der GS den einen oder anderen Meter abnehmen. Doch dann schlugen sie wieder zurück die Alpen!

Multi und Explorer ziehen davon.


Das raue Wetter zwischen schroffen Felsen hat Straßen mit Charakter geformt. Hier warten Bodenwellen ausgerechnet vor Wechselkurven, dort ist der Asphalt plötzlich schmierig und Radien wechseln unvorhersehbar ab. Hier kann der GS nach wie vor niemand das Wasser reichen. Möglicherweise haben schon dutzende Ingenieure der anderen Hersteller die GS vermessen, ganz kopiert haben sie sie dann aber doch nicht. Die Kombination dieser genialen Sitzposition mit dem Boxermotor, welcher sich am Zenit seiner Entwicklungsgeschichte befindet, und dem Telelever ist unschlagbar. Dort wo zum Beispiel Bodenwellen vor dem Kurveneingang die Linie versauen, bleibt man mit der GS ruhig im Sattel.

Spezialität Spitzkehren.


Man bremst an, durch den Telelever taucht die GS nicht ein und hat genug Federwegreserven für die Buckel. Diese werden problemlos geschnupft, die Linie kann gehalten werden und man öffnet den Gasgriff schon, während ausnahmslos alle anderen Reiter noch schwer damit beschäftigt sind, nicht den Opa im alten Kadett im Gegenverkehr zu schnupfen. Das nächste Heimspiel sind die klassischen Spitzkehren. Kein Wunder, dass hier ein wenig weiter südlich am Stilfserjoch zu 80% GSen oben am Gipfel erscheinen. Hier ist es vermutlich der tiefe Schwerpunkt vom Boxermotor, der die Gegner an dem Kassenschlager zerschellen lässt.
 
Doch keine Sorge liebe GS-Killer. Sie hat auch Schwächen, die unbesiegbare Bayerin. Am Kurvenausgang hätte man mit dem Boxermotor mit einem fulminanten Drehmomentverlauf eigentlich eine echte Macht unterm Hintern. Doch die Traktionskontrolle ist einfach nicht gut genug. Mag sein, dass es Situationen gibt, wo sie ein Sicherheitsfeature ist, doch auf uns wirkte sie viel zu grobschlächtig. Sie regelte zu früh und zu grob und war teilweise nervig. Jene von der Tiger Explorer und von der Ducati sind etwas besser aber auch diese können nicht die Güte der Systeme in den Sportmotorrädern erreichen. Aber sie sind im Fahrbetrieb auf alle Fälle mal kein Nachteil. Offen gesagt: Die ABS-Systeme der Motorräder sind gut, die Traktionskontrollen können nicht mit dem hohen Niveau der Motorräder mithalten.


Beim Thema hohes Niveau kommen wir sofort zu den herrlichen Aggregaten der vier Motorräder. Wir dürfen unsere Leser und Käufer der Bikes beruhigen: Egal welche gekauft wird, mit dem Motor wird man zufrieden sein. Das modernste Aggregat, der 1200er Dreizylinder der Tiger Explorer, surrt und schnurrt beinahe wie eine Turbine nach oben. Das Drehzahlband ist riesig, die Manieren des Motors sind unschlagbar. Man kann mit dem 6er ab 35 km/h aus der Ecke fahren. Klar hat der 12er Boxer der GS unten etwas mehr Dampf, aber nach oben hin kann sie leistungsmäßig nicht mithalten. Aber offen gesagt war niemand der Meinung, dass sie zu schwach ist. Sie ist rundum stimmig und gut proportioniert. Angeblich kommt ja nun bald mal eine neue GS mit 1250 ccm und Wasserkühlung, aber wir sind schon gespannt was da wirklich noch besser gemacht werden kann. Der Motor hat mittlerweile mit den 2 Zündkerzen und dem laufend verbesserten Mapping astreine Manieren. Der Dreizylindermotor der Tiger Explorer soll angeblich mehr Laufruhe bieten, was auf dem ersten Blick auch tatsächlich so ist. Doch im Laufe der Tour spürten wir an den Lenkerenden der Explorer mehr Vibrationen als auf der GS.
 
 

Die kleine Tiger ist eigentlich ausreichend dimensioniert. Eine richtig gute Reiseenduro. Der Motor ist stimmig, das Preis-Leistungsverhältnis ein Traum und es geht Dir nix ab. Aber im Sattel der GS oder auch der andere Großen ist es dann eben doch souveräner. Wer die Kohle hat, kann die GS niemals durch die XC oder auch nicht durch die ähnliche F 800 GS ersetzen. Man liest des Öfteren, dass die kleine F 800 oder auch die Tiger XC im Gelände mehr Möglichkeiten bieten. All jenen Großmäulern empfehle ich einen Endurokurs mit der R 1200 GS im Enduropark Hechlingen zu buchen. Dort wird klar, dass das Wunderaggregat 12er Boxermotor im engen Endurogelände ebenso eine feine Wahl ist. Klar ist sie keine Hardenduro oder eine Africa Twin, aber deutlich geländegängiger als man auf den Fotos erahnen kann. Bei der Multistrada ist der sportliche Motor überraschend gut gelungen für eine Reiseenduro. Der Motor selbst hätte echt das Zeug der GS das Licht auszublasen, auch die Laufruhe und wie oben erwähnt die Traktionskontrolle samt all der Elektronik. Mächtig Druck oben, nur einen Funken Schmalz weniger unten und gute Manieren. Aber liebe Ducatisti, ihr werdet es kaum glauben in den Spitzkehren und in den schwer einsehbaren Wechselkurven ist die GS das schnellere und stressfreiere Motorrad.



Womit wir auch schon beim Thema Fahrwerk / Fahrverhalten wären. Die Multistrada wirkt auf der Geraden etwas unruhig, ist in den langen Radien schnell aber sie fährt nicht so handlich in die ganz engen Radien. Kaum zu glauben aber die dicke und bieder wirkende GS fährt die engen Spitzkehren besser. Die große Tiger Explorer kommt beim Fahrverhalten der BMW sehr nahe. Nur fehlt ihr eben der Telelever. Also solange der Asphalt glattgebügelt ist und nicht in die Radien gebremst wird, kann die Triumph mitfahren und auf den Geraden vollstrecken. Wird der Asphalt rustikal, ist die GS vorne. Wer dann von der Explorer auf die kleine Tiger umsteigt und das Handlingwunder erwartete, wird etwas enttäuscht sein. Sie wirkte nicht schneller, agiler oder handlicher als die dicke Berta. Nur beim Rangieren oder im Gelände ist sie einfacher zu fahren.

Insgesamt gibt es nach wie vor kein Motorrad, das die GS killen kann. Man müsste von den drei Motorrädern die Vorteile zusammenführen und in einem Motorrad vereinen. Dann hätte man ein Motorrad welches der GS ebenbürtig ist weil der Schnittpunkt der drei Motorräder eben genau eine GS ist.

 


Technische Daten BMW R 1200 GS Technische Daten Triumph Tiger 800 XC
Technische Daten Ducati Multistrada 1200 S Technische Daten Triumph Tiger Explorer
Interessante Links:

Text: NastyNils
Fotos:
1000PS

Fazit: BMW R 1200 GS 2012

Entweder war es ein Glücksgriff, oder es waren die besten Entwickler am Werk – Lenker, Geometrie, Sitz, Kniewinkel, Fußrasten – das passt für den Großteil der Mitteleuropäer einfach richtig gut. Insgesamt gibt es nach wie vor kein Motorrad, das die GS killen kann.


  • Optimaler Windschutz
  • komfortabler Sitz
  • gute Haltung
  • positive Ergonomie
  • wetterrobust
  • ruhiges Fahrwerk.
  • Etwas zu tief gelegener Sitz.

Bericht vom 02.08.2012 | 19.484 Aufrufe

Du hast eine Neue?

Verkaufe dein Gebrauchtmotorrad im 1000PS Marktplatz.

Inserat erstellen

Empfohlene Berichte

Pfeil links Pfeil rechts