BMW C 600 Sport Test

AAA+ Die neuen BMW Roller erhalten sofort das höchste Rating. Und das in einem AA- Land!
 

BMW C 600 Sport Roller Test

Amnesie. Für zwei Tage haben wir vergessen, dass es Motorräder gibt.
 
Man wagt es bald kaum, die Motorradmarktmacht von BMW der Machtlosigkeit seiner Konkurrenz gegenüber zu stellen. Letztere dürfte es regelmäßig die Weißwurstbleiche ins Gesicht treiben, wenn die Bayern wieder ein neues Modell präsentieren, das den Nerv der Zeit trifft wie Herr Doktor den vom 6er oben-rechts. Die Japaner muss es jedesmal reißen, dass es einem schon Leid tun kann. Bestes Verkaufsjahr für München seit überhaupt, K 1600 zum Motorrad des Jahres gewählt, mit der 1200er GS eine Marktposition erreicht, die einem absolutum entspricht, keine Flops mehr, keine Fehler. Und hier die ganz schlechte Nachricht. Nach den ersten Testfahrten mit den beiden neuen Rollern C 600 Sport und C 650 GT ist nicht davon auszugehen, dass sich der blau-weiße Himmel trüben könnte. Nein, kein Donnergrollen am Horizont, kein Lüftchen in den Wipfeln, über allen Gipfeln ist Ruh'... (weiter bei Goethe)
 
Feigheit kann man den Süddeutschen nicht nachsagen, den statt irgendeine Nische zu besetzen oder zu erfinden (die sich oft nach einem wirtschaftlichen Rohrkrepierer schnell wieder von selbst schließt), die keinen Vergleich zulässt, außer den mit sich selbst, steigen sie in ein Segment ein, von dem manche der größten Motorradproduzenten der Welt leben müssen, nur damit überleben können. Die könnten unter Umständen empfindlich auf diesen Angriff reagieren. Und man ist durchaus bereit, vier Fäuste gegen Tokio einzusetzen und gleich auf mehreren Fronten zugleich Raufereien anzuzetteln. In der linken Ecke die Herausforderer BMW C 600 Sport und C 650 GT, in der rechten Suzuki Burgman 650 und Honda SW-T 600, zum Beispiel. In eben dieser Gewichtsklasse tritt BMW mit seinen Rollern an, zwischen Mittel- und Superschwergewicht.

Die Tachonadel geht auf Anschlag, wenn man will. Bordcomputer und Navi checkt man lieber vorher.


Zunächst zählt rohe Gewalt: 60 PS.


Was hier zählt ist zunächst rohe Gewalt. Man hat die Krone im Supersport im ersten Anlauf geholt, da wird das Kräftemessen bei den Scootern zur Fingerübung. 44 kW, das sind 60 PS in echter Leistung, liefert der 647 Kubik große Reihenzweizylinder mit 70° nach vorne geneigter Zylinderbank und 270° Zündversatz bei 7500 U/min. Bei 600 U/min. stehen 66 Nm an Drehmoment zur Verfügung. Das ist der Konkurrenz gegenüber sehr grausam, angesichts der erfüllten Euro-4 Emissionsnorm aber ganz lieb zur Umwelt. Der C 600 Sport bleibt mit 16 Litern im Tank unter 250 Kilo (GT:261). Außer beim Gewicht unterscheidet sich der Sport vom GT bei der Sitzhöhe (810/780), Gesamtlänge (2.155/2.218) und Breite (877/916), sowie schnittigerer Formgebung und der Position von Trittbrettern und Lenker.

Absperrbare Handschuhfächer, links mit 12V-Anschluss.


In Spanien dürften die Schnellen schnell sein.


An innovativen Details und hoher Funktionalität mangelt es beiden nicht. Der Stauraum unter der Sitzbank ist großzügig bemessen und beim Sport mittels "flexcase" im ruhenden Zustand erweiterbar. Man kann also nicht mit raushängendem Sack fahren. Zwei Handschuhfächer in Höhe der Knie bieten sich für den üblichen Krims-Krams wie Handy, Sonnenbrille und Geldbörse an. Obwohl die zwei Fächer abschließbar sind, sollte man letztere lieber einstecken, wenn man sich vom Fahrzeug entfernt. Das Windschild muss beim Sport manuell verstellt werden, beim GT funktioniert es elektrisch. Besonders findig: Die 'Feststellbremse', üblicherweise über einen Seilzughebel am linken Lenkerende bedient, wird beim Ausklappen des Seitenständers automatisch aktiviert.

1. Tag - Stadtfahrt. Vor einer Wand, an der ca. 50 Schlüssel hängen, soll ich eine Entscheidung treffen, die mir auch nicht schwer fällt. Der Sport ist um exakt 39 mm schmäler als der GT und das ist oft genau das Eitzerl weniger, das man braucht, wenn man im Stadtverkehr eine neue Spur eröffnet. Und außerdem wollte ich cool sein und ein bisschen Eindruck machen, wenn ich mich mitten in Madrid vom Sattel schwinge. Nicht lachen, der Roller ist für die Spanier was die Kuh für die Inder, er wird verehrt. Nun wird man als Rollerfahrer in einer spanischen Großstadt grundsätzlich anders behandelt als in einer österreichischen Großstadt wie zum Beispiel Wien oder...wie zum Beispiel Wien. Dass man bei dauernder Hochfrequenz im Verkehrsaufkommen die Schnellen besser schnell sein lässt und sie lieber durchwinkt, als ihnen die flache Autotür ins Gesicht zu drücken, sie abzudrängen oder mit peinlichen Hupkonzerten zu maßregeln, dürften die Spanier vielleicht mehr im Blut haben als im Hirn, aber Hauptsache, es funktioniert.

Einer geht immer, zwei nur im Stehen.
Das BMW flexcase macht das schnittige Heck
des Sport erst möglich. Der GT muss für
60 Liter Dauer-Stauraum mit Seitenkofferoptik
leben.


Garstiger Sound, gemächliches Anfahren.


Ob man von links kommt, von rechts oder mittendurch sticht ist dabei einerlei, die träge Blechschlange windet sich wie es die jeweilige Situation - die ja nie nur jene betrifft, die scheinbar im Vorteil sind und im Nordosten Mitteleuropas dafür gehasst werden, sondern immer alle - erfordert. Kein Auto wird früher am Ziel sein, wenn kein Scooter aus der Reihe tanzt, im Gegenteil. Und da wären wir schon bei der einzigen Bedingung, die es in roll-free-Ländern zu erfüllen gilt: Du kannst (fast) machen, was du willst, aber mach es schnell! Im Verkehrsbetrieb kann so eine Großstadt für Nachzügler und Lahmärsche schnell zur Schrottpresse werden. Das bekommt man an jeder Ampel zu spüren. Wer sich vorne anstellt, ist vor dem Kick-Down besser Up-and-Away.

An der Haltelinie sind wir genau an dem Punkt, an dem einem ein beträchtlicher Teil der 60 PS abgeht. Spritzigere und vor allem leichtere Roller wie Hondas SH300i (27 PS, wiegt mit C-ABS lächerliche 170 Kilo vollgetankt) oder die Vespa GTS 300 i.e. könnten den BMWs die Sprintwertung im zweistelligen Meterbereich abnehmen; unter Umständen bis zu nächsten Ampel. Primär der Grund, wieso wir an einen slowenischen Auspuffhersteller denken, der diese Anfahrschwäche vielleicht beheben könnte. Beim Sound bestand jedenfalls kein Bedarf, zumal wir uns ständig im Rudel bewegten und der Geräuschpegel des C 600 Sport bei hoher Drehzahl fast ans Garstige grenzt. Doch je weiter der Weg, desto mehr Mitstreiter werden sich verabschieden müssen.


180 km/h flat-out. Der Scooter bleibt stoisch stabil.


Denn auf der Autobahn sind mit 130 vielleicht die Grenzen der Legalität erreicht, die Grenzen der Macht des C 600 Sport aber noch lange nicht. 140? Wait for it. 160? Kannst noch stehen lassen. 180? Sorry, der Tachonadel ist der Weg ausgegangen. Bei einer Geschwindigkeit, bei der so manches Motorbike mit sportlichem Anspruch das Pendeln bekommt, bleibt der Scooter stoisch stabil. Dasselbe gilt in schnellen, wirklich schnellen Kurven, bei blitzartigem Richtungswechsel oder Unregelmäßigkeiten im Straßenbelag. Die Geometrie und die damit verbundene Fahrdynamik sind den Eigenschaften eines Motorrades nicht unähnlich. 1.591 Millimeter Radstand, Lenkkopfwinkel 64,6 Grad und 92 Millimeter Nachlauf. Eine verwindungssteife Stahlrohr-Brückenkonstruktion wird im Bereich Schwingenlagerung von einer verschraubten Aluminiumdruckgusseinheit ergänzt, der Motor wirkt zusätzlich als mittragendes Element. Das Ganze steht auf einer Einarmschwinge aus Aluminiumguss mit asymmetrisch und liegend montiertem Federbein, und einer 40 mm Upside-Down Gabel, beides auf für Roller weit überdurchschnittlichem Niveau.

 

Keiner ist schneller. Punkt.


Es ist dann auch das Fahrwerk, das den blauen Roller am stärksten von seiner Konkurrenz abhebt. Welche Gangart damit auf der offenen Landstraße möglich ist, glaubt man erst, wenn man bereit und fähig ist, es zu erleben. Denn ganz im Gegensatz zur etwas vorsichtigen Leistungsabgabe ab Tempo Null, gibt das CVT-Getriebe ab dem quasi 2. Gang die volle Kraft an den verkapselten Kettenantrieb im Ölbad frei. Wer es wirklich ernst meint, der reguliert entweder vor der Kurve nur mit der Bremse, während er den Gasgriff auf Anschlag hält, oder geht zumindest gleich im Kurveneingang wieder auf Zug, damit die Drehzahl nicht in den Keller fällt und man wieder mit Druck aus der Kurve pfeift. Über Schräglagenfreiheit muss man sich erst gar nicht unterhalten. Auf Seiten- und Hauptständer sind Angstnippel aufgeschraubt; wer die ankratzt, ist entweder sehr schwer, oder sehr schnell. Die Bremsen fangen auch noch die brenzligsten Situationen kontrolliert ab und verzögern den Scooter wie ein Berg einen D-Zug. Dass man auf ein kombiniertes ABS-System verzichtet und ein 2-Kanal-System verbaut hat, verdeutlicht den sportlichen Anspruch von BMW auch bei diesem Produkt. Nach 1 1/2 Fahrtagen bleibt die sichere Erkenntnis, dass man keinen Roller so schnell fahren kann, wie den C 600 Sport.


B-E-A-U-T-I-F-U-L!


Während bei uns noch viele für Roller entweder nichts oder nur Verachtung übrig haben, genießen Scooter in Spanien mindestens das gleiche Ansehen wie Motorräder. Wir wurden begafft, beklatscht, vergöttert - und sogar von Autos heraus fotografiert. Als wir nach einem kleinen Kaffeepäuschen zu unseren Fahrzeugen zurückkehrten, standen zwei Spanier ganz verliebt neben meiner bayrischen Pretiose (verliebt IN meine Pretiose, nicht ineinander) mit funkelnden Augen und nicken anerkennend. "Nuevo?" -Yes. "B-E-A-U-T-I-F-U-L!" Noch Fragen?

 


Bildergalerie BMW C 600 Sport Bildergalerie BMW C 650 GT

Technische Daten BMW Roller C 600 Sport / C 650 GT

  BMW C 600 Sport BMW C 650 GT
Hubraum cm3 647
Bohrung/Hub mm 79/66
Leistung kW/PS 44/60 bei Drehzahl min1 7500
Drehmoment Nm 66 bei Drehzahl min1 6000
Bauart Wassergekühlter Zweizylinder-Viertaktreihenmotor
Verdichtung 11,6:1
Ventilsteuerung DOHC (double overhead camshaft)
Ø Ein-/Auslass mm 31,5/27,1
Drosselklappendurchmesser mm 38
Gemischaufbereitung BMS-E
Kupplung Radiale Fliehkraftkupplung
Getriebe CVT (Continously Variable Transmission)
Hinterradantrieb Kette im Ölbad
Rahmenbauart Stahlrohr-Brückenrahmen mit angeschraubtem Aluminum-Heckrahmen
Radführung Vorderrad Upside-down-Gabel
Radführung Hinterrad Einarm Gussschwinge
Nachlauf mm 92
Radstand mm 1591
Lenkkopfwinkel° 64,6
Bremsen vorne Hydraulisch betätigte Doppelscheibenbremse, Ø 270 mm,
Zweikolben-Schwimmsattel
hinten Hydraulisch betätigte Einscheibenbremse Ø 270 mm,
Zweikolben-Schwimmsattel
Reifen
vorn
120/70 R15
hinten 160/60 R15
Gesamtlänge mm 2155 2218
Gesamtbreite mit/ohne Spiegel mm 877/790 916/822
Sitzhöhe (ohne Fahrer)
mm
810 (Serie) 780 (Serie)
DIN Leergewicht, fahrfertig
kg
249 261
Zul. Gesamtgewicht kg 445 445
Tankinhalt l 16  
Kraftstoffverbrauch 4,4 4,8
Höchstgeschwindigkeit
km/h
175

Interessante Links:

Text: kot
Fotos:
BMW

Fazit: BMW C 600 Sport 2012

Während bei uns noch viele für Roller entweder nichts oder nur Verachtung übrig haben, genießen Scooter in Spanien mindestens das gleiche Ansehen wie Motorräder. Wir wurden begafft, beklatscht, vergöttert - und sogar von Autos heraus fotografiert ... selbiges für den hier.


  • Handschuhfächer
  • effizienter Windschild
  • garstiger Sound
  • gemächliches Fahren
  • extrem schnell
  • positives Fahrwerk.
  • Keine

Bericht vom 05.03.2012 | 38.132 Aufrufe

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