Honda CBR600F

CBR600F reloaded. Was kann die "Hornet in Verkleidung" auf der Landstraße?

In Spanien findet man den Schimmel nicht nur an den Wänden sondern auch im Fenster. Bemerkenswert, dass sich die Fußballaffinität bis in die feinsten Landgegenden ausbreitet.

 

Honda CBR600F

Nach fünf Jahren Abstinenz wagt sich Honda wieder in das beliebte Segment der komfortablen Landstraßen-Racer oder Warum man mit Honda-Mitarbeitern niemals über Modellnamen diskutieren sollte.
 
Ach ja, die Hornet mit Verkleidung unkte ich mitsamt allen anderen respektlosen Kollegen bei der Präsentation der neuen CBR600F. Bis mich der gestrenge Blick unserer sonst so umgänglichen und humorvollen Betreuerin Sandra traf. Man muss wissen, dass die Mitarbeiter des weltweit größten Motorradherstellers bei Verunglimpfungen neuer Modelle keinen Spaß verstehen. Von der Putzfrau bis zum Oberboss sind sich in dieser Sache alle einig. Natürlich war ich, wie es meine gute Erziehung erfordert, sofort ruhig. Insgeheim dachte ich aber, dass ich gar nicht so falsch liege. Denn eigentlich könnte man diese Aussage durchaus als Kompliment betrachten die Hornet ist ein tolles Motorrad, mit ihrer effektiven und gleichsam feschen Verkleidung könnte die CBR600F nun sogar die bessere Hornet sein.

Dennoch sehen die Hondianer das neue Modell schon alleine vom Namen her näher an der supersportlichen CBR-Familie als an der breiten 600er-Mitte. Das hat allerdings nichts nur mit deren sportlicherem Image zu tun sondern auch mit einem, für Honda besonders wichtigen Modell: Seit 1987 setzten die Japaner rund 600.000 Motorräder der 600-Kubik-Klasse ab, mehr als ein Drittel davon in Form der CBR 600 F. Kein Wunder also, dass dieses Modell nun ein Revival bekommt. Wobei wir dennoch bezweifeln, dass sich die neue CBR600F nur wegen ihres tollen Namens verkaufen wird, sondern wohl eher wegen ihrer Talente im Fahrbetrieb.


Der Erfolg der Vorgängerin war zu verlockend, eine Neue musste her.


Und dafür zeichnet unter anderem das tolle Triebwerk mit 599 Kubik verantwortlich. Die direkte Übernahme aus der Hornet ist daher kein Nachteil, mit 102 PS bei 12.000 Umdrehungen kommt man auf der Landstraße mehr als flott voran, für die Rennstrecke gibt es ja genug andere Hondas. Vor allem kann der laufruhige Motor seine sanfte Auslegung auf der vollverkleideten CBR600F noch besser zur Geltung bringen als auf der nackten Schwester. Da interessiert eigentlich weniger, dass man ihn bis 13.500 Touren auswinden kann, bevor der sanfte Begrenzer abregelt. Vielmehr freut man sich über die kräftige Mitte, die man ab rund 3000 Touren nutzen kann. Natürlich reißt man mit dem höchsten Drehmoment von 64 Newtonmeter bei 10.500 Touren keine deutschen Eichen aus, für ein Motorrad mit 600er-Triebwerk fühlt sich die CBR600F aber äußerst kräftig an und schließlich trägt das Gewicht von vollgetankten 206 Kilo auch nicht so arg auf (die Version mit C-ABS wiegt 211 Kilo).

Jedenfalls reicht es locker, um auch weitere Etappen mit hohem Autobahntempo unter die Räder zu nehmen und dabei den hohen Komfort der neuen CBR600F zu genießen. Denn auch wenn das CBR im Namen auf die sportliche Ader in der Produktpalette hindeutet, scheint das F wohl eher für flauschig zu stehen. Nicht nur der Sattel ist angenehm komfortabel gepolstert, auch die sanft abgestimmten Federelemente kommen der insgesamt gemütlichen Auslegung der CBR600F entgegen. Nicht, dass die vordere Telegabel mit 41 Millimetern Durchmesser oder das hintere Monofederbein, jeweils in Zugstufe und Federvorspannung einstellbar, zu soft ausgelegt wären, die neue Langstrecken-Sportlerin kommt eben einfach besser mit schlechten Straßen zurecht als alle anderen großvolumigen CBR-Modelle im Programm zusammen.

Der laufruhige Motor mit 102 PS ist ein alter Bekannter, die nackte Schwester Hornet 600 verwendet ihn seit eingen Jahren und hat sich bisher nicht beschwert.


Wer nicht auf die Rennstrecke muss, wird mit der CBR600F glücklich.


Dementsprechend bequem ist die Sitzposition, der Abstand zwischen Lenker und Sitz entspricht weitestgehend dem der Hornet 600, die wiederum eine bekanntermaßen aufrechte und somit rückenschonende Sitzposition besitzt. Auch die Lenkerhöhe ist nur unwesentlich niedriger als bei der nackten Schwester. Dennoch genug, um sich auf Dauer hinter der zwar nicht allzu hohen aber trotzdem effizienten Verkleidung zu verschanzen. Die Sitzhöhe von 800 Millimetern entspricht dafür wieder der Hornet, mit der ja auch kleinere Piloten durchaus zurecht kommen. Zu diesem Allround-Charakter passt eben auch der bequeme Sattel für den Beifahrer, der nicht bereits nach wenigen Kilometern über Schmerzen am Hintern klagen muss. Besonders gelungen die im Heck integrierten Griffmulden zum festhalten, daher stören keine Haltegriffe die fesche Linie der CBR600F.

Das elektronisch geregelte Combined-ABS regelt fast unmerklich sehr feinfühlig. Die 600 Euro Aufpreis sind gut investiert.

Die Bremsanlage stellt Honda-typisch niemanden vor ein Rätsel. Wer die Version mit ABS wählt, bekommt zusätzlich zu den beiden 296-Millimeter-Scheiben mit Dreikolbenzangen an der Front und der hinteren Einzelscheibe mit 240 Millimetern Durchmesser und Einkolbenzange ein modernes C-ABS (Combined-ABS), das nicht nur hervorragend verzögert sondern auch die Bremskraft elektronisch zwischen Vorder- und Hinterachse verteilt. Die Dosierbarkeit wird dabei nicht eingeschränkt und die aufzubringende Handkraft geht ebenfalls in Ordnung. Auch die Reifen sind eher auf der vernünftigen Seite, der Bridgestone Battlax BT-012 könnte gewiss nicht auf der Rennstrecke überzeugen, verwöhnt dafür mit hohem Abrollkomfort, guten Nässeeigenschaften und ordentlicher Laufleistung im Alltagsbetrieb und auf beherzten Landstraßen-Heizereien.

In Sachen Design geht Honda einen sehr klugen Weg. Durch den Einzelscheinwerfer mit den beiden seitlichen Begrenzungsleuchten eifert die CBR600F nicht unnötig den echten, radikalen Supersportlern des Hauses nach, sondern bekommt durch die glatte und modern konturierte Flanke sowie den kurzen, seitlich verlegten Endtopf eine hübsche und funktionelle Eigenständigkeit. Weniger der Funktionalität verschreibt sich hingegen das Cockpit: Die digitale Anzeige sieht zwar schick aus und ist kompakt gestaltet, allerdings ist der digitale Drehzahlmesser (so wie eigentlich alle digitalen Drehzahlmesser) nur sehr schlecht ablesbar. Zudem wäre neben der Geschwindigkeitsanzeige noch genug Platz gewesen, eine Ganganzeige unterzubringen bei anderen Herstellern muss man auf dieses praktische Gimmick selbst in der Mittelklasse nicht verzichten.

Respekt, die Front beweist Eigenständigkeit und eifert nicht peinlich den supersportlichen Schwestern nach.

Wenn es etwas auszusetzen gibt, dann sind es die Armaturen: der digitale Drehzahlmesser ist kaum zu erkennen und eine Ganganzeige wäre wünschenswert.

Dank der langlebigen Gummimischung des Bridgestone BT-016-Pneus merkten die Honda-Techniker nichts von diesem anspruchsvollen Manöver zumindest waren sie so anständig, mich nicht darauf anzusprechen.

 
Dafür stimmt wiederum das Zubehörprogramm äußerst fröhlich. Höhere, getönte Scheibe, Soziussitzbanktasche, Gepäcknetz und sogar elektrische Heizgriffe mit fünf Heizstufen steigern den Komfort. Für eine bessere Optik sorgen optional eine fesche Soziussitzabdeckung sowie Motordeckel, Hinterradabdeckung und Kotflügel-Innenverkleidung in extravaganter Carbon-Optik. Damit lassen sich die Kosten natürlich ordentlich in die Höhe schrauben, aber bereits das Grundmodell selbst darf als gelungenes Gesamtpaket bezeichnet werden. Dafür geht der faire Preis von durchaus in Ordnung. Auch die 600 Euro Aufpreis (Ö) für das sinnvolle, weil extrem ausgeklügelte Combined-ABS sind gerechtfertigt und sollten eingeplant werden.

Einführungspaket: Getöntes Windschild, lackierter Sozius- und Hinterradabdeckung, Tankdeckel-, Tankpad- und Kurbelgehäuse-Dekor.


Damit bleibt die CBR600F immer noch knapp unter der magischen 10.000er-Marke und macht Hondas Mittelklasse bestimmt keine Schande. Zur Einführung bekommt man außerdem um bescheidene 520 Euro Aufpreis bis Ende Mai ein verlockendes Zusatzpaket bestehend aus dunkel getöntem Windschild, lackierter Soziussitz- und Hinterradabdeckung, Tankdeckel-Dekor, Tankpad und Kurbelgehäuse-Dekorset. Am Ende des Tages war durch die vielen lobenden Worte über die neue CBR600F auch Sandra wieder positiv gestimmt. Warum wir die neue Mittelklasse am Stammtisch dennoch lieber verkleidete Hornet nennen würden, wollten wir am Ende aber doch nicht weiter diskutieren Sandras Blick verfinsterte sich wieder zusehends.
Als Allround-Sportler braucht man keine Effekt-Hascherei die Seitenlinie ist glatt und mit der Vollverkleidung kommt der weit unten verlegte Auspuff noch besser zur Geltung. Auch das Heck präsentiert sich ganz schnörkellos, durch die versenkten Griffmulden stören keine hässlichen Haltebügel das Bild.

Welch ein Glück: Just in dem Augenblick, als J. Assna alias Jess Assna seine CBR600F beiseite gelegt hatte, legte auch ich mich auf der viel befahrenen spanischen Autobahn für meinen wohlverdienten Mittagsschlaf beiseite. Ein völlig normales Alltagserlebnis.


Technische Daten Honda CBR 600 F

MOTOR
Motortyp Flüssigkeitsgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, DOHC, 16 Ventile
Bohrung / Hub  / Hubraum 67 x 42,5 / 599
Einspritzung PGM-DSFI Elektronische Kraftstoffeinspritzung
Max.Leistung,kw(PS) bei 1/min gemessen nach 95/1/EC 75 (102) / 12000
Max. Drehmoment, Nm bei 1/min 64 / 10500
Abgasverhalten Euro 3
Zündung Computergesteuerte digitale Transistorzündung
Starter Elektrostarter
KRAFTÜBERTRAGUNG
Getriebe 6 Gang
Endantrieb Kette
ABMESSUNGEN
Länge 2150 mm
Breite 740 mm
Höhe 1150 mm
Sitzhöhe 800 mm
Radstand 1437 mm
Lenkkopfwinkel / Nachlauf 25°/99mm
Tankvolumen 18,4 Liter
Bodenfreiheit 135 mm
Sitzplätze 2
FAHRWERK
Felgen vorne 17M/C x MT3.50
Felgen hinten 17M/C x MT5.50
Bereifung vorne 120/70 ZR17M/C
Bereifung hinten 180/55 ZR17M/C
Radaufhängung vorne 41 mm Upside-Down Gabel, einstellbare Federvorspannung, einstellbare Zug- und Druckstufendämpfung
Radaufhängung hinten Monofederbein, Federvorspannung und Dämpfungs-Zugstufe einstellbar
Federweg in mm vorne/hinten 120 / 128
Bremsen vorne 296 x 4,5 mm Doppelscheibenbremse, Doppelkolbenbremszangen (optional Combined-ABS mit Dreikolbenbremszangen), schwimmend gelagerte Scheiben, Sintermetall-Bremsbeläge
Bremsen hinten 240 x 5 mm Scheibenbremse, Einkolbenbremszange, Sintermetall-Beläge
GEWICHTE IN kg
Gewicht vollgetankt 206 / ABS-Version: 211
Zul. Gesamtgewicht 399
Max. Zuladung 193
Höchgeschwindigkeit in km/h über 200

Interessante Links:

Text: Martin Vielhaber
Fotos: Honda

Fazit: Honda CBR 600 F 2011

Die CBR600F bleibt knapp unter der magischen 10.000er-Marke und macht Hondas Mittelklasse bestimmt keine Schande. Zur Einführung bekommt man zudem um bescheidene 520 Euro Aufpreis bis Ende Mai ein verlockendes Zusatzpaket bestehend aus dunkel getöntem Windschild, lackierter Soziussitz- und Hinterradabdeckung, Tankdeckel-Dekor, Tankpad und Kurbelgehäuse-Dekorset.


  • Komfort
  • akzeptable Leistung
  • bequemer Sitzposition
  • gepolsterter Sattel
  • C-ABS.
  • Drehzahlmesser nur schwer ablesbar
  • fehlende Ganganzeige.

Bericht vom 24.03.2011 | 43.600 Aufrufe

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