Bandit 650 & GSX-F 650

2 Charaktere, 1 Motor. Suzuki Bandit 650 ABS und GSX-F 650 ABS.

Suzuki Bandit 650 & GSX-650F

 

 

6 Wochen Roller- und Mopedtests en suite bleiben nicht ohne Folgen. Der Umstieg auf ein richtiges Motorrad mit über 500 Kubik fühlt sich dann etwa so an, als hätte man sich wochenlang in Zeitlupe oder auch gar nicht bewegt und würde dann versuchen, in der Tokioter Innenstadt während der Rush Hour seine Wochenendeinkäufe zu erledigen. Man ist schlichtweg überfordert. Alles geht zu schnell, alles ist zu viel. Nicht allein mit der körperlichen Belastung kommt man anfangs nicht zurecht, man ist auch schwer damit beschäftigt, das Ding an allen Ecken richtig zu bedienen. Kupplung und Schalthebel waren mir nur mehr entfernt bekannt.

 
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Ich sage das, um klar zu machen, in welchem Zustand ich mich befand, als ich das erste Mal auf die Suzuki GSX-650F stieg. Was für ein Höllengerät! Der 4 Zylinder 16V Reihenmotor mit 656 Kubik Hubraum leistet im vollverkleideten Allround-Sportler mit 85 PS bei 10.500 U/min. exakt dasselbe wie in den beiden Schwestern Bandit und Bandit S. Das maximale Drehmoment von 61,5 Nm steht bei allen drei bei 8.900 U/min an, der Motor zieht aber schön rund aus unteren Drehzahlbereichen saftig nach oben. Das Aggregat ist mittlerweile altbewährt und verrichtet routiniert und zuverlässig seinen Dienst. Leider nicht ganz störungsfrei, wenn man Vibrationen, vor allem im Oberschenkelbereich, als solche empfindet.


Wenn schon ein Riesenrohr, dann mit Sinn und Zweck.


Da sind wir von modernen 4-Zylinder Motoren bereits Kultivierteres gewohnt. Fällt allerdings nur so pingeligen Leuten wie uns auf. Ein größeres Problem ist das fahrfertige Gewicht von blunzigen 241 Kilogramm. Für einen Sporttourer der mittleren Hubraumklasse ein stattliches Maß. Allerdings fehlen echte Vergleichswerte. Stellvertretend für die Fülligkeit der GSX-F steht das für heutige Verhältnisse riesige Edelstahlrohr auf der rechten Seite. Da kann nur noch BMW mithalten, deren Motorräder wohlgemerkt mit doppeltem Hubraum relativ leise daherkommen. Damit kann man bei mir zwar keine Pluspunkte sammeln. Doch wenn schon Riesenrohr, dann soll es einen Zweck erfüllen. Für die Optik macht man sowas bestimmt nicht.

 
Die fast 5 Zentner Gewicht müssen von einer 41mm Telegabel und einem Standardfederbein in der Bahn gehalten werden, beide sind in der Vorspannung einstellbar. Am Weg in die Arbeit und auf flotten, aber defensiven Touren behält das Fahrwerk die Fassung, sobald man in den Angriffsmodus wechselt, wird man allerdings durch schwammiges Verhalten in flotten Kurven und etwas unpräzises Einlenken bald daran erinnert, daß man auf keiner GSX-R sitzt. Komfort ist der Bruder der Unsportlichkeit. Das Handling ist aufgrund schlanker Bereifung (vorne: 120, hinten: 160, Bridgestone BT-020) und eines breiten Lenkers trotzdem gut, wer sportlicher fahren will, muß sportlicher wählen. Auf der anderen Seite kann die F auch manches, was die R nicht kann. So sitzt man beispielsweise wesentlich bequemer, bei einer Sitzhöhe von 770 mm (GSX-R 600: 810 mm) sollte den meisten FahrerInnen ein fester Stand möglich sein. Etwas überraschend die Tatsache, daß die GSX-F mit keinem Hauptständer ausgestattet wurde, auf einen solchen kann hingegen die Bandit stolz sein. Der Windschutz ist großzügig und ermöglicht noch bei 170 km/h eine entspannt aufrechte Haltung. Schneller ist sowieso nicht erlaubt....bitte?...........aha, echt?.......höre gerade aus der Redaktion, daß sogar nur 130 km/h erlaubt sind. Sorry, mein Fehler.

Keine Auto-Armaturen durch GSX-R Vererbung.


Um ja niemals schneller als 130 zu fahren, verfügt die Suzuki über einen Tacho, der sich genau im Blickfeld des Fahrers befindet. Der zeigt nicht nur digital die Geschwindigkeit und analog die Drehzahl an. Ein kleines Fenster im analogen Kreis informiert den StVO konformen Bürger über den momentan eingelegten Gang. Ab und zu ist es doch ganz hilfreich, wenn man das mit einem kurzen Blick checken kann. Ebenfalls informiert wird man über den optimalen - oder letztmöglichen - Zeitpunkt, den nächst höheren Gang einzulegen. Ein Hauch von Rennstrecke weht im Cockpit, stammen die Instrumente doch aus früheren GSX-R Modellen und wirken keineswegs bieder oder erinnern gar an die Armaturen eines Autos. Ihr sportliches Äußeres könnte manchen dazu verleiten, sich zuviel von der GSX-F zu erwarten. Die Farbe von der Hayabusa, die Front trägt unverkennbar GSX-R Gesichtszüge. Tatsächlich ist sie vom Wesen eine pflichtbewußte Begleiterin in fast allen Lebenslagen, auf dem Arbeitsweg wie auf der Fernreise, die nie Euphorie auslöst, aber immer glücklich und zufrieden macht.

2008 noch ein Wunsch, jetzt Realität: ABS serienmäßig.


Das aktuelle Modell mit serienmäßigem ABS kostet angemessene € 7.999.-, das Modell 2008 ohne ABS ist mit einem Aktionspreis von 6.299.- ist jedoch ein echtes Schnäppchen.
 
Gut ablesbar. Die Ganganzeige hat ihren Platz im analogen Drehzahlmesser. Bei der Bandit ist der Motor schwarz, bei der GSX-F
nur der Lenker.
Der Kopf des Adlers. Suzuki bleibt sich bei den sportlichen GSX Modellen treu. Die sechseckigen Blinker wollen irgendwie nicht recht zum runden Körper der GSX-F passen.
Stabiler Haltegriff für Beifahrer im Heck. Ein Rohr von einem Auspuff. Fast nostalgisch.

 
Wieso ich mich mit einer Bandit nie anfreunden konnte? Vielleicht, weil NastyNils eine besessen hat, damals, als er mich am Eisenstädter Sklavenmarkt für ein halbes Grillhendl erstanden hat. Vielleicht, weil ich einmal mitansehen mußte, wie ein Freund von mir schon 10 Minuten nach dem Kauf einer gebrauchten 1200 Bandit S in eine tiefe Depression fiel. Er hielt an, stieg ab und schlich langsam um seine Kuh, während er ständig murmelte "Es war die richtige Entscheidung...ganz sicher...ja...das paßt schon...ich wollte die haben und jetzt habe ich sie...is eh super" Dann begann er zu weinen. (Er hatte vergessen, daß er nur Ducatis gut findet.) All diese Erlebnisse der Vergangenheit haben mich irritiert und nie ein Verlangen in mir aufkommen lassen, jemals eine Bandit fahren zu wollen. Bis ich es schließlich mußte und sich die dunkle Vergangenheit nun endlich in einer strahlenden Gegenwart auflöst.

Er stieg von der Bandit, murmelte und begann zu weinen.


Ohne Verkleidung ist alles leichter? Nicht die Bandit. Sie bringt fahrfertig um 4 Kilo mehr auf die Waage, als die GSX-F, in Zahlen 244. Wie das möglich ist, kann ich nicht eindeutig beantworten, es dürfte sich um jede Menge Eisen handeln. Das macht wiederum diesen echten Charme der Bandit aus und genau das dürfte der Grund sein, wieso sie nach wie vor viele Anhänger, fast schon Fans hat. Da paßt es dann auch mit dem Motor, der in gewissen Drehzahlbereichen gerne ein bisschen rauer werden darf. Denn wir fahren ein Naked-Bike, das ist was Ehrliches, was Ursprüngliches. Für dieses Motorrad wurde der Motor gebaut, die GSX-F hat ihn sich nur geborgt und unter ihrem Rock versteckt. Deshalb hat man auf der Banditin einfach das Gefühl, daß dieses Motorrad in sich stimmig ist und nicht mit späteren, post-produktiven Veränderungen zu etwas gemacht wurde, das nicht die Summe seiner Teile ist.

Nacktes Silber an der Bandit, schwarzes Geweih auf der GSX-R.


Trotz einiger Modernisierungen ist die Bandit schon seit langer Zeit ein Klassiker. Da wußte auch Suzuki und ging bei Änderungen an der Optik äußert behutsam vor. Ein paar Kanten hier, ein kleines Verkleidungsteil da, eine neue Scheinwerfereinheit dort - das muß für die nächsten Jahre reichen. Experimente durfte man sich deshalb bei den Farben genauso wenig erwarten. Klassisch das dunkle Blau, standard das edle Schwarz, normal das biedere Grau. Nur das satte Rot sticht deutlich aus der etwas spaßlosen Farbpalette heraus. Die Sitzbank, die sich in der Höhe auf 795 mm oder 815 mm fixieren läßt, ist nur zum Schein zweigeteilt. Wer sie abnimmt, wird sehen, daß die beiden Teile untrennbar miteinander verbunden sind. Ebenfalls auf die eigene Größe einstellen läßt sich der Lenker. Dieser muß an der Bandit in nacktem Silber die Stellung halten, den schwarzen trägt die GSX-F als Geweih. Dafür hat man bei der Bandit gleich den ganzen Motor verdunkelt und das macht wirklich was her.

Der größte Unterschied zur GSX-F liegt darin, daß man mit der Bandit sofort Lust hat, Motorrad zu fahren, um einfach Spaß zu haben. Es gibt nur noch A, den Start, aber kein Ziel, denn der Weg ist das Ziel (bist du deppat ist das abgesdroschen!) Ist aber wirklich so. Mit der GSX-F bin ich in die Arbeit gefahren, mit der Bandit drumherum. Der Spieltrieb wird sofort geweckt und man vergißt bald, daß man mit fast einer Vierteltonne spielt. Wieder so eine psychologische Sache. Durch ihre ausladende Verkleidung an der Front wirkt die GSX-F schwerfälliger, als sie wirklich ist. Auf der Bandit dagegen hat man vor sich nichts als einen Lenker und eine gefällige Informationskonsole. Deshalb wirkt sie wendiger, Kurskorrekturen und Überraschungsmanöver gehen leichter von der Hand. Deshalb würde ich die Bandit Anfängern und ungeübten FahrerInnen empfehlen, mit der GSX-F tat sich unsere zierliche Lehrlingsdame schon deutlich schwerer. Letztendlich ein lustiger Kumpel zum Spielen und Austoben, der auch für sinnvolle Fahrten genutzt werden kann.

Die kleine Bandit mit ABS kostet € 7.599.-

 
Die Instrumente haben besonders gut gefallen. Oval, sportlich und übersichtlich. Am modernsten wirkt die Scheinwerfereinheit, der Rest des Motorrades bleibt eher klassisch.
Nettes, schlankes wie schlichtes Heck . Nicht netter, fetter wie schlichter Auspuff.
Schön, daß es nicht immer ein Standard Spiegel 
sein muß.
Das Gelbe im gläsernen Ei.

Technische Daten
Suzuki GSX-F 650 ABS

Technische Daten
Suzuki Bandit 650 ABS


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Text: kot
Bilder: karolettaLambretta

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Bericht vom 10.09.2009 | 29.818 Aufrufe

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