Sportreifen Test 2009

Dunlop, Metzeler und Michelin auf GSX-R 1000 im Grammer-Test in Pannonien.

Sportreifen-Vergleich 2009

Dunlop-Metzeler-Michelin

Testobjekt-Träger und dabei selbst Testobjekt. Suzuki GSX-R 1000 K9.

 
Grundsätzlich ist zu beachten: Für alle auf der Rennstrecke verwendeten Supersportreifen gilt, dass es sich dabei um sehr spezielle, hoch entwickelte Produkte handelt, die ihre wahre Leistungsfähigkeit ausschließlich bei entsprechender Behandlung zeigen können. Daher ist zu aller erst penibel auf den richtigen Reifendruck zu achten. Ein weiteres entscheidendes Kriterium ist die Wahl der richtigen Mischung für die auf der Strecke herrschende Temperatur und die Asphaltbeschaffenheit. Die immer noch im Fahrerlager herumgeisternde Meinung bei kalten Temperaturen oder glatten Belägen einen weichen Reifen aufzuziehen kann mittlerweile getrost als falsch bezeichnet werden.

Liegt man bei der Mischungswahl falsch kann es leicht passieren, dass der um ein kleines Vermögen erworbene Gummi hier trifft die Bezeichnung schwarzes Gold den Nagel auf den Kopf binnen weniger Runden völlig verschlissen ist. Der Grund hierfür liegt darin, dass der weichere Reifen oftmals nicht die erforderliche Betriebstemperatur erreicht. Dies führt zu erhöhtem Schlupf und reißt die Reifenflanke auf.
Dasselbe Phänomen tritt auch auf sehr glatten Asphaltbelägen auf, weil dem weichen Reifen der durch Verzahnung entstehende mechanische Gripp fehlt.

Daß die getesteten Reifen den Einsatz von Heizdecken unbedingt erfordern ist selbstverständlich.
Unter Vorheizen versteht man ein Durchheizen des Reifens, eine rein oberflächliche Erwärmung führt nicht zum gewünschten Erfolg. Zur Kontrolle kann man prüfen, ob die Felgen handwarm sind. Eine Heizdauer von ca. einer Stunde wird notwendig sein, um die gewünschte Temperatur und damit auch den richtigen Reifendruck zu erreichen.

 

Mit Decken kennt sich Klaus Grammer aus. Wenn er nicht auf der Rennstrecke ist, liegt er zugedeckt auf der Couch, sieht fern, surft auf 1000ps oder schläft und sagt den Eltern er lernt für sein Studium.


Dunlop Sportmax D 211 GP

  Dimension Mischung Reifendruck
vo 120/70/17 6614 1,9 bis 2,1 bar
hi 200/55/17 7704 1,5 bis 1,6 bar

Welche Mischungen weiters erhältlich sind kann man im Fachhandel erfragen.

Dimension
vorne hinten
120/70/17 190/55/17
  200/55/17
 
Auf der serienmäßigen Suzuki GSX-R 1000 funktionierte der 211er sofort sehr gut. Am Motorrad selbst habe ich nur die Dämpfung etwas straffer eingestellt. Besonders positiv ist das Fahrverhalten am Kurveneingang aufgefallen. Anbremsen, einlenken und wählen der gewünschten Linie bedarf keiner besonderen Aufmerksamkeit. Das hilft ungemein und lässt den Fahrer auf Anhieb gut ausschauen. Beim schnellen Schräglagenwechsel blieb das Motorrad sehr stabil und spurtreu. Aus dem Fahrerlager hört man bezüglich des Vorderreifens sowieso nur Gutes um nicht zu sagen Wunderdinge. Es werden von wirklich schnellen Leuten bis zu hundert Runden ohne nennenswerten Performanceverlust gefahren. Das ist eine Lebensdauer, die für einen Rennreifen wirklich sensationell ist.

Beim Hinterreifen sieht es nicht ganz so gut aus. Der von uns verwendete Reifen in der Mischung 7704 (wird auch im Yamaha-Cup gefahren) überzeugt zwar durch seine Haftfähigkeit, bei der Lebensdauer kann er aber bei weitem nicht mit dem Vorderreifen mithalten. Es zeigten sich bereits nach ca. 20 Runden erhebliche Auflösungserscheinungen. Speziell bei niedrigen Asphalttemperaturen verschleißt der Reifen ziemlich stark. Hier würde die 7712er Mischung sofort Abhilfe schaffen. Dieser Typ ist allerdings schwerer zu bekommen als eine ordentliche Bezahlung in der 1000PS Internet GmbH. Generell kann man im Moment davon ausgehen, dass man, um die Dunlops zu bekommen, eine Menge Geld und einen wirklich motivierten Reifenhändler braucht.


Metzeler Racetec Interact

  Dimension Mischung Reifendruck
vo 120/70/17 K1 2 bis 2,2 bar
hi 190/55/17 K1 1,8 bar

 

Dimension
vorne hinten
120/70 R 17 M/C 58V TL Racetec Interact K0 180/55 R 17 M/C 73V TL Racetec Interact K0
120/70 ZR 17 M/C 58W TL Racetec Interact K1 180/55 ZR 17 M/C 73W TL Racetec Interact K1
120/70 ZR 17 M/C 58W TL Racetec Interact K2 180/55 ZR 17 M/C 73W TL Racetec Interact K2
120/70 ZR 17 M/C (58W) TL Racetec Interact K3 180/55 ZR 17 M/C (73W) TL Racetec Interact K3
  190/50 ZR 17 M/C (73W) TL Racetec Interact K3
  190/55 R 17 M/C 75V TL Racetec Interact K0
  190/55 ZR 17 M/C 75W TL Racetec Interact K1
  190/55 ZR 17 M/C 75W TL Racetec Interact K2
  190/55 ZR 17 M/C (75W) TL Racetec Interact K3

 

 
Dieser Reifen ist auf Grund seiner weichen Karkasse eher benutzerfreundlich im Hinblick auf die richtige Fahrwerkseinstellung. Gerade die unangenehmen kleinen Schläge und Wellen frisst der Reifen fast vollständig. Diese wirklich herausragende Eigenschaft hat den Metzeler in der Vergangenheit im Fahrerlager sehr beliebt und begehrt gemacht. Der Racetec setzt diese Tradition in bestechender Manier fort. Mit ordentlich vorgeheizten Reifen hatte ich in den ersten Runden das Gefühl, einen schleichenden Plattfuß zu haben. Dieses sehr teigige Verhalten der Reifen in Verbindung mit der soften Serienabstimmung erschwerte das Finden der richtigen Linie erheblich. Dieses Problem verringerte sich nach mehreren Runden, verschwand aber auch in der fünften Runde nicht ganz.

Allerdings kommen andere Fahrer mit diesem eher schwammigen Fahrverhalten besser zurecht als ich. Nach einem geringfügigen Anheben des Luftdrucks um ca. 0,2 bar stellte sich die gewünschte Präzision und Stabilität ein und die Welt war auch für mich wieder in Ordnung.

 
Bezüglich Verschleiß kann ich leider nicht viel sagen, weil einsetzender Regen einen längeren Turn verhinderte. Aus Erfahrung kann gesagt werden, dass der Reifen bei einer Verwendung im richtigen Temperaturfenster eine ordentliche Kilometerleistung erreicht. Als eher problematisch erwies sich in der Vergangenheit der Grippverlust nach mehrmaligem Aufheizen des Reifens. Wobei ich diesbezüglich keinerlei Information habe, was den Racetec Interact betrifft.

Michelin Power One

  Dimensionen Mischung Reifendruck
vo 120/70/17 V 2,3 bar
hi 190/55/17 A 1,8  bar

Erhältlich in den Mischungen A, B und C für hinten sowie V, A und B für vorne.

Dimension
vorne hinten
120/60 ZR 17 MICHELIN Power One 160/60 ZR 17 MICHELIN Power One
120/70 ZR 17 MICHELIN Power One 180/55 ZR 17 MICHELIN Power One
  190/50 ZR 17 MICHELIN Power One
  190/55 ZR 17 MICHELIN Power One
 
Unter betriebsheiß verstehen die Michelintechniker die Reifentemperatur auf der Strecke.
Das muss man selbst austesten, indem der Luftdruck gleich bei der Boxeneinfahrt gemessen wird. Dieser Wert soll dann 1,8 bar betragen. Beim Vorderreifen mit der Spezifikation V handelt es sich um einen sehr speziellen Reifen. Dieser sollte auf Grund seiner spitzen Kontur und seiner weichen Konstruktion wirklich nur auf der Rennstrecke verwendet werden. Im Straßenbetrieb könnte der auf gutes Handling ausgelegte Reifen zu erhöhtem Lenkerschlagen und damit zu unerwünschten Aha-Erlebnissen führen.

Allerdings hatte ich das Gefühl, dass beim V etwas über das Ziel hinausgeschossen wurde. Der Reifen ist schon mehr als nervös denn als handlich zu bezeichnen. Für die Kombination V A eine richtige Fahrwerksabstimmung zu finden ist vermutlich nicht ganz einfach. Besser funktioniert meiner Erfahrung nach der A-Vorderreifen, weil er über eine rundere und steifere Karkasse verfügt. Dies verhindert das zum Teil gefährliche und sicherlich unerwünschte Pendeln auf der Geraden und das aggressive Lenkerschlagen am Kurvenausgang. Das Motorrad fühlt sich damit auch stabiler an.

 
Michelin Power One

Michelin Power One Familie (v.l.): Professional, Slick und Rain.
Die Varianten Slick und Rain in 16.5', der Professional in 17' und in insgesamt 8 Dimensionen und 9 Mischungen.

 
Bezüglich Verschleiß gibt es nichts zu meckern. Sowohl der Hinter- als auch der Vorderreifen zeigten auch nach vielen Runden ein ausgezeichnetes Reifenbild. Aus meiner Erfahrung mit dem Power One weiß ich, dass er auch auf Temperaturschwankungen nicht so empfindlich reagiert wie die anderen Testkandidaten. Der Gummi erwies sich als sehr resistent gegen das Aufreißen und auch mehrmaliges Aufheizen und Abkühlen erzeugte keinen sprunghaften Leistungsverlust. Diese Eigenschaften werden dem Michelin den Weg ins Fahrerlager ebnen. Ob als V, A oder B kann ich nicht sagen, aber der Erwerb einer Testgarnitur kann jedenfalls nicht schaden.

Ob der Power One an die Erfolge seiner Vor-Vorgänger anknüpfen kann wird die Zukunft zeigen. Leicht wird es sicher nicht, denn seine Gegner Dunlop bzw. Metzeler haben die Latte sehr hoch gelegt.  Welchem Produkt man schlussendlich den Vorzug gibt, hängt vermutlich weitestgehend von den Vorlieben des Fahrers bzw. von dessen Fähigkeiten als Fahrwerksguru ab.

 

 

Interessante Links

Text: Grammer
Fotos: NastyNils, KarolettaLambretta, Volli

Autor

Bericht vom 19.05.2009 | 9.004 Aufrufe

Du hast eine Neue?

Verkaufe dein Gebrauchtmotorrad im 1000PS Marktplatz.

Inserat erstellen

Empfohlene Berichte

Pfeil links Pfeil rechts