Aprilia RSV4 Factory

Scharf wie erwartet! Die Aprilia ist schlank und fährt brutal. Auch vorm Eissalon wird sie DER Killer!

Aprilia RSV4 FactroyTest

Factory! Das ist die scharfe Version einer ohnehin schon scharfen Maschine. Aprilia investiert 25 Mille und baut uns ein kompromissloses Sportmotorrad! Auf keinen Fall für Anfänger, auf jeden Fall für Hauptdarsteller im Fahrerlager.

 

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Klare Sache: Die muss gut sein!

Schon im Vorfeld war klar, dass die Aprilia RSV4 ein gewaltiges Motorrad ist. Schaut sie nur an! Dann noch die technischen Daten - was kann da schon schief gehen. Ich hatte jedoch Bedenken betreffend der Sitzposition. Max Biaggi ist zwar ein toller Racer aber ich schätze mal einen Kopf kleiner als ich, die RSV4 wirkt überaus kompakt und klein. Wird auch ein Mitteleuropäer Platz in dem Motorrad finden?

Die Sorgen waren zum Glück unbegründet. Man sieht mit ca. 185 cm zwar nicht mehr ganz so elegant aus, die Beweglichkeit und der Fahrkomfort sind aber für ein solch scharfes Eisen richtig gut. Der Geist war in den ersten Runden noch nicht ganz frei, die mahnenden Worte der Aprilia Crew schwirrten durch den Kopf. Gestern hatten nicht weniger als 8 Journalisten die RSV4 eingeworfen - bei Regen wohlgemerkt. Wir starteten nicht zuletzt deshalb mit der etwas milderen Motorabstimmung "S"port im Display. In dieser Konfiguration wird in den ersten 3 Gängen das Drehmoment begrenzt und der Motor spricht etwas sanfter auf die Befehle des Gasgriffes an.

Hightech Aggregat als Herzstück: Teurer V4 Motor mit aufwendiger Einspritzanlage und variabler Saugrohrlänge. So sieht sie aus und so fährt sie auch: Schlank und wild! Kaum zu glauben, dass hier 1000ccm, 180 PS und 4 Zylinder drinnen stecken!
Schwierig mit mehr als 1.80m hinter die Scheibe zu kriechen. Doch die Sitzposition ist insgesamt angenehmer als erwartet. Die Linie kann präzise gewählt und bei Bedarf schnell korrigiert werden.


Am Kurveneingang gibt sich die kompakte Aprilia natürlich keine Blöße. Niemals zuvor war so viel Leistung so handlich verpackt. Trotzdem wirkt sie nicht kritisch, nervös oder kippelig. In dieser Phase würde ich sie sogar als "einfach zu fahren" bezeichnen. Herausfordernder wird die Aprilia dann am Kurvenausgang. Es sind eben viele Neuheiten mit denen wir hier konfrontiert werden. Der V4 hat einen gänzlich anderen Sound, man tut sich schwer das aktuelle Drehzahlniveau einem Drehmomentniveau zuzuordnen. Dann noch die Sache mit dem Ride-by-Wire System - es fehlt die direkte Verbindung von Gasgriff zum Hinterrad. Das alles wird kombiniert mit dem hohen Leistungsvermögen des Motors bei gleichzeitig ultrakompakten Fahrwerkslayout. Der Lenkungsdämpfer hat am Kurvenausgang also alle Hände voll zu tun und der Pilot muss im Sattel arbeiten um nicht die ganze Last auf die Lenkerstummel zu legen. In dieser Phase haben kleinere Piloten natürlich mehr Möglichkeiten sich optimal im Fahrzeug zu platzieren. Der intelligent geformte Tank erlaubt dem Piloten zum Beispiel viel Gewicht mit Oberschenkel und Knie aufs Bike zu bringen.

Lässt man den Motor von der Leine, vergisst man Gedanken wie "180 PS braucht kein Mensch". Man braucht sie, jetzt und hier! Die RSV4 fühlt und hört sich aggressiv, stark und brandgefährlich an. Das Image von der wilden 1000er Bestie bringt sie weit besser rüber als der Rest im Fahrerlager. Vorbei die Zeiten als man bei Aprilia mit der RSV Mille die Vernunft der Fahrer beschwören musst. "Die Mille ist zwar nicht das stärkste Motorrad im Feld, aber viel einfacher und daher schneller zu fahren als der Rest!" Das war nicht falsch, echte Helden konnte man damit aber nicht begeistern. Nun ist man in Sachen Motorleistung und Beschleunigung mit der Aprilia also ganz vorne mit dabei.

Im Fahrerlager lauschte ich der Kritik der Kollegen. Im "S"port Modus spricht der Motor beim Gangwechsel angeblich zu langsam an. Man verliert Zeit bis der Motor nach dem Gangwechsel wieder voll Feuer gibt. Ich hatte zwei passende Lösungsvorschläge parat. Zum Einen kann man dem Ansprechverhalten ganz einfach durch Umschalten auf "T"rack auf die Sprünge helfen. Dann ist die Verbindung vom Gasgriff zum Motor etwas direkter und die Leistung fährt auch in den ersten 3 Gängen voll ein. Zum Anderen könnte man beim Gangwechsel einfach voll am Gas bleiben und gemeinsam mit einem kurzen Zupfer an der Kupplung den nächsten Gang einlegen. Das geht schnell und hört sich auch schnell an.

 


Apropos Begrenzer:
man muss sich erst an die Geräuschkulisse gewöhnen. Zu Beginn fährt man den V4 zu oft in den Begrenzer und der greift recht forsch ein. Der Motor schiebt zwar vehement aber gleichmäßig zum Gipfel, so merkt man manchmal zu spät, dass man schon ganz oben ist.

Beim Anbremsen kann man sich ebenfalls auf feinste Technik verlassen, allerdings bekommt man die Grenzen der Physik deutlich aufgezeigt. Die Brembo Monobloc Beisser verzögern brachial und die Anti-Hopping-Kupplung hilft wirksam das Heck ruhig zu halten. Allerdings nur so lange das Hinterrad auch tatsächlich am Asphalt bleibt. Das Potential der Bremse ist gewaltig, die Gefahr bei einer kurzen Probefahrt oder auf unbekannten Strecken aber ebenso groß. Beim Bremsen wird man am deutlichsten daran erinnert, dass die Aprilia kein lauwarmer Kompromiss ist. Aprilia baute eine Rennmaschine für die Superbike WM und die Techniker mussten dieses Rennmotorrad nur noch zulassungsfähig machen. Wichtigstes Ziel war aber immer das schnellste Motorrad am Markt zu bauen - nicht mehr und nicht weniger. Aprilia investierte mehr als 25 Millionen Euro in das Projekt und die Techniker haben das Motorrad - zum Glück - am Ende nicht kastriert nur um sie auch für lausige Piloten deppensicher zu machen.

Aprilia ist sehr stolz auf den neuen Motor. Man ist felsenfest davon überzeugt, das beste Konzept am Markt anzubieten. Nüchtern betrachtet sticht vor allem ein Argument. Der Motor ist tatsächlich sehr kompakt. Die Kurbelwelle ist wesentlich kürzer als bei einem Reihenvierer. Das erlaubt insgesamt ein schlankeres und auch handlicheres Motorrad. Die Kreiselkräfte sind mal wie sie sind und eine längere und schwerere Kurbelwelle wehrt sich bei 10.000 U/min eben deutlich stärker gegen Richtungsänderungen. Gegen das Motorkonzept sprechen vermutlich nur die hohen Fertigungskosten. Im Fahrbetrieb hat man also eine handliche und kompakte Maschine die aber in Sachen Drehzahl und Leistung ebenso vorne dabei ist.

 
 

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VIDEO



Es ist nicht ganz klar ob NastyNils mit der RSV fuhr oder die RSV mit NastyNils. Ist aber auch unerheblich. Am Ende kamen beide unversehrt zurück in die Boxengasse.

Video: NastyNils
Schnitt: Volli


 

 

SLIDESHOW

Die Aprilia RSV4 in Bildern. Samt Fotos vom Zubehör und vielen Details. (Zum Starten auf das Bild klicken.)

 

Alex Hofmann - Testet für Max und tröstet NastyNils

Hinderlich auf dem Weg zu guten Rundenzeiten war dann aber auch im 2. oder 3. Turn mein fehlendes Vertrauen am Kurvenausgang. Ich fühlte mich lausig und schlecht, ging ich doch viel zu spät ans Gas. Ex-GP-Pilot und nunmehriger Aprilia Testfahrer Alex Hofmann tröstet mich. "Der kleine Delay vom Gasgriff zum Hinterrad ist gewöhnungsbedürftig, aber vorteilhaft. Die Leistung kommt sehr gleichmäßig und man neigt dazu das Drehmoment am Kurvenausgang zu unterschätzen. Du brauchst noch ein paar Turns um Dich an das System zu gewöhnen. Und offen gesagt ist die Strecke hier sehr unvorteilhaft - die Maschine kommt hier nicht gut weg. Der Grip ist schlecht, der Asphalt wellig und wir haben hier viel Gummiabrieb von den Autorennen letzte Woche. Auch ich geh hier sehr vorsichtig ans Gas." Danke Alex! Balsam für meine Seele.

Er spracht auch klare Worte zum Thema Tuning an der RSV4: "Wenn wir mit unserem Superbike auf eine neue Strecke kommen, greifen wir das Fahrzeug erst mal gar nicht an. Erst wenn ich innerhalb von 2 Sekunden zum Streckenrekord bin, beginnen wir am Setup Änderungen vorzunehmen. Ähnliches würde ich den Hobbyracern draußen empfehlen. Fahrt zum Anfang die Serienmaschine, möglicherweise mit Sportauspuff, und dreht die Rundenzeiten runter. Das Potential der Maschine ist gewaltig und auch die Federelemente haben viel Reserve. Wer zu früh zu Schrauben beginnt, läuft Gefahr in die falsche Richtung zu arbeiten."

Max Biaggi fährt für Aprilia in der Superbike WM. Im wohl dichtesten Fahrerfeld aller Zeiten liegt er im Moment auf Rang 7. Kein schlechter Einstand im ersten Jahr. Alex Hofmann testet im Hintergrund und sorgt für Weiterenwicklung.

Aprilia RSV4 Factory
Notizen aus dem Testprotokoll

- +
  • Die RSV ist kein Anfängermotorrad. Wer Fehler macht fliegt ab! Das merkt man deutlich beim Anbremsen und beim Rausbeschleunigen.
  • Die Sitzposition ist auf der Rennstrecke OK, für die Strasse ist eine GSX-R oder eine RC8 deutlich komfortabler.
  • Kritischer Punkt beim Setup ist die Stabilität: Beim Beschleunigen wird die Front nervös, beim Bremsen das Heck.
  • Verstellbare Fußrasten nur als Zubehör.
  • Lange Eingewöhnungsphase für Ride-by-Wire System. Eine aktuelle R1 gibt am Kurvenausgang mehr Vertrauen - trotz Ride by Wire!
  • Schaltblitz nicht auffällig genug.
  • Das Fahrwerk bietet Reserven für ein breites Spektrum an Abstimmungsmöglichkeiten.
  • Beinahe unbegrenzte Setup-Möglichkeiten auch am Chassis. Schwingendrehpunkt, Motoraufnahme,..
  • Tolle Bremswirkung bei geringer Handkraft.
  • Tolles Handling durch schlankes und kompaktes Layout.
  • Linienwahl einfach und präzise
  • Starker Motor mit gleichmäßiger Leistungsabgabe
  • Über Geschmack lässt sich streiten: Fakt ist jedoch: Die RSV4 ist ein geiles Motorrad. Gegenstimmen konnten noch nicht ausfindig gemacht werden.
  • Sehr hochwertige Komponenten, liebevolle Details. Carbon, Alu, Magnesium, Titan! Aprilia hat an keinem Detail gespart, unwürdige Sparkomponenten gibt es nicht.
  • Eigentlich schlimm, dass man bei 22.790 Euro (Preis in Österreich) von "gutem Preis" sprechen muss - Im Vergleich zu den Mitbewerbern aus Europa ist der Preis aber echt OK. Der Unterschied zu Japan schmilzt mit jeder Preiserhöhung wegen dem hohen Yen-Kurs dahin.
  • Keine Kompromisse für den Rennsport: Bremse, Fahrwerk, Anti-Hopping Kupplung, Motor, Sitzposition - alles fertig für die Rennstrecke!

Technische Daten Aprilia RSV 4

Motor Flüssigkeitsgekühlter 4-Zylinder, 65 Grad-V-Motor; Geregelter 3-Wege-Katalysator, Euro-3
Hubraum 999 ccm
Bohrung x Hub
78,0 x 52,3 mm
Leistung 132 kW (180 PS) bei 12.500 U/min
Drehmoment
115 Nm bei 10.000 U/min.
Gemischaufbereitung elektronische Einspritzung, vier Drosselklappen, zwei Einspritzdüsen je Zylinder; längenverstellbare Ansaugtrichter. Ride-by-wire-Steuerung mit Multi-Mapping (mehrere
Fahrprogramme)
Antrieb Kette
Federung vorne Upside-down-Teleskopgabel Typ Öhlins Racing, 43 mm, Federvorspannung und Dämpfung (Zug-/Druck) voll einstellbar
Federung hinten In der Lagerung verstellbare Aluminium-Schwinge mit Öhlins Racing-Federbein, voll einstellbar, progressives APSUmlenksystem
Reifen vo.
120/70 ZR 17
Reifen hi.
190/55 ZR 17
Bremsen vo. zwei Scheiben, 320 mm, Brembo-Radial-Monoblockzangen
Bremsen hi. Scheibe, 220 mm, Zweikolben-Zange
Länge 2050 mm
Radstand 1424 mm
Breite 715 mm
Sitzhöhe -
Gewicht trocken 179 kg
Tankinhalt 17 l
Preis Österreich: 22.790 Euro

Das wohl wichtigste Kaufargument wird aber dann doch das Design sein. Ich habe noch niemanden gesehen, der sie nicht sexy findet. Das Design vom Motorrad ist in diesem Fall auch keine Mogelpackung: Aggressiv, angrifsslustig und edel zugleich sieht die Aprilia RSV4 genauso aus wie sie tatsächlich fährt.
Die schlechte Nachricht zum Schluss: Nach Österreich kommen für dieses Jahr gerade mal 25 Stück. Wer noch nicht bestellt hat, muss eine lange Wartezeit in Kauf nehmen. Weltweit werden 1.000 Stück in den Handel kommen. Denn die RSV4 Factory wird als Homologationsmotorrad für die Superbike WM verwendet. Die "normale" RSV kommt nächstes Jahr in den Handel.

Aprilia RSV4 Zubehör

  • Akrapovic Racing-Auspuffanlage

  • Hinterer Stoßdämpfer Öhlins TTX36

  • Verstellbare Fußrasten

  • Lenkerhälften Piste

  • Karosserieschutz-Puffer

  • Hohe Sportscheibe

  • Karosseriedeckel für Rückspiegel

  • Sperrzähne Befestigung hinterer Ständer

  • Abdeckung Nummernschildbefestigung

  • Motorrad-Abdeckplane

  • Spezialständer

  • Karbon-Fersenschutz

  • Tankabdeckung mit Rucksack

  • Tasche für Heckteil

  • Auspuffschutz aus Karbon

  • Karosserie-Luftaustritte aus Karbon.

Wer will kann sich die RSV4 mit Zubehör noch schärfer machen. Auf alle Fälle empfehlenswert ist eine hohe Sportscheibe. Serienmäßig können sich nur sehr gelenkige Piloten hiter der kleinen Scheibe verkriechen.

Fazit: Aprilia RSV4 Factory APRC ABS 2009

Man ist felsenfest davon überzeugt, das beste Konzept am Markt anzubieten. Nüchtern betrachtet sticht vor allem ein Argument. Der Motor ist tatsächlich sehr kompakt. Die Kurbelwelle ist wesentlich kürzer als bei einem Reihenvierer. Das erlaubt insgesamt ein schlankeres und auch handlicheres Motorrad.


  • Optimales Fahrwerk
  • Setup-Möglichkeiten am Chassis
  • starke Bremsanlage
  • gutes Handling
  • präzise
  • leistungsfähiger Motor
  • hochwertige Komponenten.
  • Kein Anfängermotorrad
  • suboptimale Sitzposition
  • Stabilität
  • Eingewöhnungsphase.

Bericht vom 10.04.2009 | 26.521 Aufrufe

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