Dunlop Qualifier II

Alles anders, alles besser. Ein Rennreifen, der auch im Regen funktioniert. Qualifier II.

Dunlop Qualifier II

Zweiter Anlauf

Man hat nicht oft das Vergnügen, mit Marco Simoncelli gemeinsam auf der Rennstrecke zu fahren. Noch seltener wird man sich darüber freuen können, ihn überholt zu haben. Ich kann es, denn ich habe es gleich mehrfach getan. Das ist nicht ausschließlich auf den Leistungsvorteil zurückzuführen, denn ich hatte auf der R1 nicht mal doppelt soviel PS zur Verfügung, wie er auf seiner Aprilia Dorsoduro. Wie man sieht, kochen Weltmeister eben auch nur mit Wasser.

Zugegeben, es war nicht leicht und nur mit dem vollen Vertrauen in das eigene Können, wie in das Material zu schaffen. An dieser Stelle vielen Dank an mich selbst, an Yamaha und besonders an Dunlop. Ohne den konstanten Grip, die hohe Stabilität und die messerscharfe Präzision des neuen Qualifier II hätte ich diesen Erfolg niemals erreicht.

Qualifier II. Bei diesem Namen werden bei dem einen oder anderen ernüchternde Gedanken hochkommen. Es ist leider so: Wenn jemand einen Echten wie Joey Dunlop in der Krone seines Stammbaums sitzen hat, fehlt es ihm sicher nicht an Glaubwürdigkeit bei der Vermarktung seiner sportlichen Produkte, vielleicht aber etwas an Gefühl bei der Benennung selbiger. Denn der Dunlop Qualifier war vom sagenumwobenen Qualifier in der MotoGP so weit entfernt wie ein Golf GTI von einem Formel-Rennwagen. Für den sportlichen Einsatz: ja. Für die Rennstrecke: eher weniger. Als Reisebegleitung: sehr bedingt.

Dunlop Qualifier II Test by Christoph Lentsch
Dunlop Qualifier II Test by Christoph Lentsch Dunlop Qualifier II Test by Christoph Lentsch

Sensation im Anmarsch? Nein, kot im Anmarsch. Simoncelli kann ihn nicht mehr lange halten.

Der schmale Einsatzbereich des Qualifier wurde beim II um ein ganzes Stück breiter. Am Performance-Ende knüpft seine Leistungsfähigkeit nun an die des Qualifier RR an, am Sport-Touring-Ende ist der universelle Roadsmart sein direkter Nachbar. Daß sich die beiden sehr nahe stehen, ist bedingt durch die neue Entwicklungsweise, dessen erstes Kind eben jener Roadsmart war. Nach derselben Methodik, deren Prinzip die Einbeziehung aller Anforderungen an ein bestimmtes Produkt ist, wurde auch der Qualifier II und die beiden Motocross Reifen Geomax MX31 und MX51 kreiert. Die Multi-Tread Technologie, die einen optimalen Grip bei einer Schräglage zwischen 35 und 55 Grad gewährleistet, bei gleich bleibender Stabilität und ohne Einbußen auf die Laufleistung, kommt ebenso zum Einsatz, wie eine neue Art einer extrem flexiblen Silica-Art. Dunlop Qualifier II Test by Christoph Lentsch

Kleiner Tipp von mir:
Weltmeister immer außen nehmen.

Dunlop Qualifier II Test by Christoph Lentsch

Leistungsdiagramm des Qualifier II im Vergleich zu Roadsmart und Qualifier II.
Von oben im Uhrzeigersinn: Road Handling (Fahrverhalten Straße), Track Handling (Fahrverhalten Rennstrecke), Dry Grip (Trockengrip), Stability (Stabilität), Wet Handling (Fahrverhalten auf nasser Fahrbahn), Wet Grip (Nassgrip), Mileage (Laufleistung)

 
Die Mischungen mit den vielsagenden Namen Silica A und Silica B sind in der Mitte bzw. an den Seiten zu finden. Nicht weniger wichtig als der Gummi an sich ist das Profil. Ich war ja ehrlich gesagt schon an einem Punkt angelangt, wo ich dem Profilmuster auf Sportreifen eine rein modische Funktion zugesprochen hätte. Es muß sexy aussehen, was fährt ist aber immer noch der Gummi auf der Karkasse. Schwerer Irrtum. Mit dem Verhältnis zwischen Positiv- und Negativprofil kann man nicht nur die Wasserverdrängung, sondern auch die Bewegungen des Gummimantels und somit seine Erwärmung und den Grip an verschiedenen Stellen entscheidend beeinflussen. Beim Qualifier II ist der Positivanteil an den Seiten viel höher als in der Mitte, bei mittlerer Schräglage konnte die Kontaktfläche zum Asphalt sogar um 8% gesteigert werden. Wenn sich jetzt ein hauptberuflicher Hausstreckenracer fragt, was denn die mittlere Schräglage sei: Das ist die Lage, in der du dich in 99% deiner Arbeitszeit befindest, wenn du eben nicht geradeaus fährst. Macht also durchaus Sinn. Dunlop Qualifier II Test by Christoph Lentsch
 

Gestestet wurden die Reifen zuerst auf einer ganz besonderen Teststrecke, die selbst dann unter Wasser steht, wenn es nicht regnet. Sie wird nämlich ständig bewässert, sodaß sich ein millimeterdünner Film über den Asphalt legt. Auf nasser Strecke schwimmst du im Bereich der verdichteten Motorraddynamik. Jedes richtige Manöver bringt dir ein Vielfaches und jedes falsche bringt dir ebenfalls ein Vielfaches - an Stürzen. Auf einmal bist du wieder so steif, wie damals auf der GS500 in der ersten Fahrstunde und du kannst nichts dagegen machen, außer viele, viele Runden zu drehen und dich irgendwann daran zu gewöhnen, daß das 200+ Kilo Monster unter dir ständig in Bewegung ist- und zwar nicht nur nach vorn.

Bei diesen Verhältnissen gingen die Leistungen der verschiedenen Reifen besonders stark auseinander. Jeder Tropen Wasser vergrößert den Blick auf jene Unterschiede im Material, die sich auf trockener Strecke erst in unmittelbarer Nähe zum Limit offenbaren und das zu erreichen dem Fahrer ein Vielfaches abverlangt. Auf der Nassstrecke kann man sogar Aussagen treffen, wenn man nicht fahren kann. Wie immer hatte uns Dunlop nämlich auch die Konkurrenzmodelle zur Verfügung gestellt, um den Qualifier II nicht nur für sich, sondern im Vergleich zu anderen beurteilen zu können. Nun war es nicht so, daß ein Reifen rutscht und der andere nicht. Alle rutschten irgendwann. Der Qualifier II gab sich allerdings wesentlich berechenbarer, kündigte ein Fehlverhalten - und das war es in den meisten Fällen - des Fahrers rechtzeitig an und ließ eine deutlich schnellere Rundenzeit zu. Dunlops eigener Testfahrer fuhr sogar ganze 4 Sekunden gegenüber dem besten Mitbewerber heraus und fixierte eine Zeit von 1:15.33. Die Mitbewerber schienen übrigens schlicht mit A, B und C auf der Zeitentabelle auf. Man will niemanden schlecht machen, nur zeigen, daß man besser ist.

 
Dunlop Qualifier II Test by Christoph Lentsch

Eher steif. Auf nassem, rutschigem Untergrund verfällt der Motorradfahrer
in die Embryonalstellung seines Motorradlebens.

Dunlop Qualifier II Test by Christoph Lentsch

Wie ein Fisch im Wasser fühl ich mich im Trockenen.

 
Wer mit offenen Karten spielt, der hat nicht nur nichts zu verbergen, der hat auch nichts zu verlieren. Weil er weiß, DASS er nicht verliert. Wenn uns Dunlop auf seiner hauseigenen Testtrecke in Mireval/Frankreich gleich 3 Konkurrenzprodukte, die ganz normal beim Händler erworben wurden, zum direkten Vergleich hinstellt, dann kann das zwei Dinge bedeuten: Sie sind entweder sehr von sich überzeugt, oder sehr gut vorbereitet, oder beides. Auf den Modellen Yamaha R1, Suzuki GSX-R 1000 und Triumph Street Triple waren jeweils 3 verschiedene Reifen aufgezogen und die wurden im wahrsten Sinne des Wortes aufgearbeitet. 20 Minuten raus, volles Programm. Wenn man dann zum Luftholen in die Boxengasse einbog wurden sofort die Motorräder (gleiches Modelle, anderer Reifen) getauscht und es wurde 20 Minuten weiter gefeuert. So ging das weiter, bis wir alle Modelle durchgetestet hatten. Dunlop hat keine Gnade mit den Journalisten. Gut so. Etwas störend war nur ein etwas langsamer, junger Fahrer auf der Strecke, Marco Simoncelli, der sehr zu kämpfen hatte. Aber er ist noch jung, er hat noch Zeit.
 
In der Hitze des Gefechts funktionierte der Reifen also so, wie er funktionieren muß. Man verschwendet einfach keinen Gedanken an ihn, konzentriert sich auf den Streckenverlauf und auf den Gegner. Bestens für das eine oder andere Rennstreckentraining. In der Bremszone blieb das Vehikel sehr stabil, beim Rausbeschleunigen hatte ich ein sehr gutes Gefühl für die Haftgrenze und daß den ganzen Tag über niemand in der Horizontalen landete, ist ebenfalls sehr positiv zu bewerten und äußert ungewöhnlich. Am zweiten Tag stand noch eine kleine Ausfahrt von knapp 100 Kilometer auf dem Programm. Unspektakuläre Straßen, teils schlechter Asphalt, niedrige Temperaturen. Perfekte Verhältnisse, weil sie das genaue Gegenteil zum Tag davor darstellten. Hier zeigte sich, daß der Reifen sehr schnell Betriebstemperatur erreicht und man nicht im Schneckentempo fahren muß, nur weil der Morgen etwas frisch ist. Man kann ihm Kühlen einen kühlen Kopf bewahren. Ein Reifen auf einem sportlich derart hohen Niveau, der es mit Regen, Hitze und Kälte aufnehmen kann. Was braucht man eigentlich sonst noch?

Die Haltung von Dunlop hat mich wieder beeindruckt, besonders der Satz: Wir haben großen Respekt vor unseren Mitbewerbern. Denn am Ende des Tages machen sie nichts anders, als wir. Nur durch den beinharten Wettbewerb war eine derart rasante und progressive Entwicklung der Motorradreifen in den letzten 10 bis 15 Jahren möglich. Zu Reifen, die praktisch keine Schwäche mehr haben und eine so breite Leistungsspanne haben, muß man eigentlich nicht mehr viel sagen. Man sollte sie einfach nur fahren.

Dunlop Qualifier II Test by Christoph Lentsch

Lieferbare Dimensionen

Dunlop Qualifier II Test by Christoph Lentsch
Vorn Hinten
130/70 ZR 16 (61W) TL 160/60 ZR 17 (69W) TL
120/60 ZR 17 (55W) TL 170/60 ZR 17 (72W) TL
120/70 ZR 17 (58W) TL 180/55 ZR 17 (73W) TL
  190/50 ZR 17 (73W) TL
  190/55 ZR 17 (75W) TL
  200/50 ZR 17 (75W) TL

 

Interessante Links:

 

Text: kot
Fotos: kot, Dunlop

Autor

Bericht vom 19.03.2009 | 19.496 Aufrufe

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