Harley Nightster

Vor einigen Jahren versuchte eine Motorradzeitschrift die Frage nach dem legendärsten, einflussreichsten und vielleicht auch schönsten Motorrad aller Zeiten zu klären.
Harley Sportster 1200 Nightster

Die Legende

Harley Nightster by Christoph Lentsch
Soweit ich mich erinnern kann (viele Nächte sind seither über meinen Körper gezogen) wurde damals ein italienisches, von Tamburini designtes Motorrad zum Sieger gekürt. Seine ebenso kraftvoll-sportlichen wie elegant-grazilen Formen sollen seither den Motorradbau beeinflusst haben. Seit wann? Seit 14 Jahren?
 
Es gibt eine Motorradmarke, die ist schon lange kein Teenager mehr und denkt in anderen Dimensionen als in Jahren und Jahrzehnten, nämlich in Jahrhunderten. Und es ist nur logisch, dass aus seinen Hallen das für mich vielleicht nicht einflussreichste, aber legendärste und schönste Motorrad aller Zeiten kommt. Die Harley Sportster.
 
Kein Design der Motorradgeschichte ist stimmiger, keines vollendeter und zeitloser. Welches Konzept hat sonst ein Viertel Jahrhundert unverändert durch- und überlebt? Seit ihrer Einführung 1957 ist die Sportster keinem modischen Trend gefolgt und blieb dadurch immer so aktuell wie die Gegenwart selbst. Man war sich von Anfang an bewusst, was man hier geschaffen hatte und führte über die Jahrzehnte nur kleine Änderungen durch und beließ möglichst viel von der Basis, wie es ursprünglich gedacht war. Auch die Nightster ist weder Technologieträger, noch wird sie das Aussehen zukünftiger Motorräder in völlig neue Bahnen lenken. Trotzdem stellt sie in der Sportster-Serie einen neuen Höhenpunkt dar. Harley Nightster by Christoph Lentsch
 

Lässigkeit im Detail

Reduktion ist das Zauberwort. Weniger ist mehr hat man auch schon mal gehört. Soßen schmecken besser, wenn sie einreduziert werden, Frauen sehen besser aus, wenn sie ihre Kleidung reduzieren und man selbst sieht besser aus, wenn man die Kalorien und die Zeit vor dem Fernseher reduziert. Es wird ein ewiges Rätsel bleiben, wieso die Welt schöner wird, wenn wir nur möglichst viel weglassen. Manche sind ja sogar der Meinung, dass die Welt am schönsten wäre, wenn man den Mensch wegließe (oder wenigstens die Motorradfahrer). Naja. Harley hat zumindest bereits vor 50 Jahren verstanden, wie man Motorräder schöner macht. Indem man nämlich auch alles weglässt, was nicht gebraucht wird. Die Sportster war geboren und besteht bis heute beinah unverändert. Ein Jahrhundertwurf. Harley Nightster by Christoph Lentsch
 

Gegen den Strom: 67 Ps bei 1200 ccm

Die Nightster wurde weiter reduziert, hält sich mit dunklen Farben, schwarzen Felgen und matten Flächen im Hintergrund. Mit nur einem Sitzplatz richtet sie sich an den einsamen Reiter, der weiß, dass man so ein Motorrad nur alleine ohne Keiferei - voll und ganz genießen kann. Für ein romantisches Picknick als Pärchen war die Sportster nie das richtige Motorrad.

Um die Schmerzen zu lindern hilft nur eine Komfortsitzbank, allerdings hat diese Ehrlichkeit im Dialog mit Fahrbahnschäden irgendwie seinen Reiz. Wer durch harte Zeiten geht, oder fährt, der wird selbst zum Härtling. Darum geht es ja beim Harleyfahren. Um ein Stück mehr Härte. Also nicht jammern. Lerne leiden, ohne zu klagen. Nicht umsonst der Leitspruch einiger Spezialkommanden.
Das Motorrad ist so schmal gebaut, dass man meint, auf einem Besenstiel unterwegs zu sein. Genauso lange wird man es auch aushalten auf dem Brett namens Sitz. Schnell noch bei der Apotheke vorbeischauen um eine Tube Rectosellan Salbe zu . Gibts die auch im Dreierpack?

Die Nightster ist sowieso schon fast ein klein wenig zu zahm und pflegeleicht.
Der Motor scheppert nicht mehr wie wild im Gehäuse, wie noch bei den Vergasermodellen, sondern schnurrt (für eine Harley) recht kultiviert dahin, hält zumindest von den Händen starke Vibrationen fern und lässt sich mit dem leichtgängigen Gasgriff wunderbar einfach hochdrehen. Einen Drehzahlmesser braucht man nicht, man spürt, wann der nächste Gang in dem wunderbaren Getriebe mit einem eisernen Klack eingelegt werden will. Nur ein einziges, wunderbar gestaltetes Rundinstrument zum Ablesen der Geschwindigkeit thront zentral im Blickfeld. Und sogar da könnte man von schlichter Zierde sprechen, denn wie viel Meter pro Sekunde man zurücklegt, interessiert ebenso wenig. Man sollte nur nicht vergessen, die Uhr zu vergessen, dann ist alles gut. 
Harley Nightster by Christoph Lentsch
Harley Nightster by Christoph Lentsch
 

Kein "710"er Deckel

Die Entspannung, die dir eine Sportster bei allen Unannehmlichkeiten bieten kann, kenne ich nur von einer Handvoll Motorräder. Die Griffe liegen perfekt in der Hand, sie sind etwas dicker und bieten sehr guten Halt. Alle Armaturen sind locker zu bedienen, auch wenn die Vorderradbremse etwas Zugkraft aus den Fingern verlangt, um richtig Bremskraft aufzubauen. Ein Thema, das von Harley Gegnern ja gerne diskutiert wird, bei Harley Fahrern aber selten zu vernehmen ist. Ob es nun am geringeren Gewicht oder an besseren Bremsen liegt, dass die Sportster kräftiger verzögert als die meisten ihrer Kollegen, kann ich nicht beurteilen. Das Gewicht sollte man übrigens trotz tiefen Schwerpunkts beim manövrieren nicht unterschätzen. Mancher traute der Nightster vom Äußerlichen her beurteilt nicht viel mehr als 200 Kilo zu. Harley Nightster by Christoph Lentsch
 

Spartanisches Infocenter

Die einzig wirklich schmerzhafte Schwachstelle der Nightster sind die Fußrasten, die so platziert sind, dass sie garantiert blaue Flecken auf den Schienbeinen hinterlassen und zwar dort, wos richtig weh tut, ganz unten.

Ab Werk kommt die Nightster entweder in Schwarz, Silber-Schwarz oder Schwarz-Orange, weiteren Farbvarianten sind wie bekannt keine Grenzen gesetzt. Mein Favorit war eine auf der Präsentation gezeigte Version in mattem Military Green. Denn die Nightster ist nichts anderes als Mittel zum Zweck. Und dieser Zweck ist Motorradfahren. Sonst nichts.
   
Harley Nightster by Christoph Lentsch Harley Nightster by Christoph Lentsch
Harley Nightster by Christoph Lentsch Harley Nightster by Christoph Lentsch
 
Harley Nightster by Christoph Lentsch
 

Harley Nightster technische Daten

Motorbauart luftgekühlt, Evolution™
Hubraum 1200 cm³
Bohrung x Hub 88,9 x 96,8 mm
Leistung (homologiert) 49 kW (67PS)
Max. Drehmoment 98 Nm bei 3200 U/min
Verdichtungsverhältnis 9,7:1
Starter / Batterie Elektrisch
Getriebe 5-Gang
Gemischaufbereitung Elektronische Kraftstoffeinspritzung (ESPFI)
Sitzhöhe 676 mm
Länge 2245 mm
Breite 935 mm
Höhe 1140 mm
Bremse vorne eine Scheibenbremse, gelocht, 292 mm
Bremse hinten eine Scheibenbremse, gelocht, 292 mm
Bereifung vorne / hinten 100/90-19 150/80-16
Radstand 1510 mm
Länge 2245 mm
Tankinhalt 12,5 l
Leergewicht 260 kg
Höchstgeschwindigkeit 190 km/h
Emissionen EURO3

 

Text: kot
Fotos: kot

Fazit: Harley-Davidson Sportster XL 1200 2008

Eine Legende. Eines der schönsten Motorräder aller Zeiten. Dazu kann die Sportster - trotz aller Unannehmlichkeiten - eine Entspannung bieten, die nur eine handvoll anderer Modelle bieten können.


  • Stimmigstes Design in der Motorradgeschichte
  • optimierter Motor
  • Armaturen leicht zu bedienen
  • Griffe liegen perfekt in der Hand.
  • Nur ein Sitzplatz
  • unkomfortable Sitzbank
  • Vorderbremse erfordert etwas Handkraft
  • suboptimale Fußrasten.

Bericht vom 06.08.2008 | 31.385 Aufrufe

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