Aprilia RXV

Anbetungswürdiges Design, geiler Klang und reichlich PS. Darüber lässt sich nicht streiten. Doch wie fährt sich das 2-Zylinder Konzept im Gelände? Hält die RXV was sie verspricht? Edi Ederer und seine Testercrew bieten die Antworten.
 

RXV 450

DER WOLF IM DESIGNERPELZ! Aprilia RXV 450

Ungläubig las ich vor ein paar Jahren das Aprilia mit einer 2 Zylinder wieder in den Offroadsport einsteigen will. Zweizylinder? Offroadsport? Keine 08/15 Aussage die es da zu schlucken galt. Na schauma mal, könnte durchaus eine Marketingwuchtel sein die uns da von den Giovanni's untergeschoben wird.
 

Als dann BMW und KTM mit Ihren 2 Zylindern mächtig Staub aufwirbelten dachte ich immer noch das würde in die selbe Kerbe einschlagen.
 

Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Die neue Aprilia schlägt dezidiert nicht in die selbe Kerbe, sondern ist als ernsthafte Hardenduro (bzw. Supermoto) anzusehen.


Dies konnten wir als Alpenrepublikanisches und bodenständiges Informationsportal nicht einfach unausprobiert so stehen lassen. Also musste die erste, so schnell wie möglich verfügbare Aprilia her. Die Wahl fiel auf die 450er, da dies die Klasse mit den meisten Endverbrauchern ist.

Kaum war der Wunsch ausgesprochen war der Niederleitner Franz schon mit 2 wunderschönen Italienerinnen an der Strecke. Danke für die Wunscherfüllung.

Weiters brauchten wir auch noch ein paar gute Fahrer die ihren Senf dazu geben damit das ganze auch aus mehreren Perspektiven dargeboten werden kann.
Glücklicherweise stand uns dann auch gleich der Lechner Joe zur Seite, der noch gezeichnet vom Ladys Day etwas angeschlagen aus der Wäsche sah, mit einem riesigen Erfahrungspotential (Enduro ÖM, EM, Toppilot der ACC, Sixdays Teilnehmer, Aunercup Fahrer,...) zur Seite. Ebenso Niki Stelzmüller ( Vizestaatsmeister, ACC Toppilot, und min. genau so viele Rennen in den Beinen) und selbst langte ich auch kräftig in den Gasgriff.
 

Eines gleich vorweg: Das Design der Aprilia RXV 450 spielt in einer eigenen Liga. Kein Offroadmotorrad hat ein so außergewöhnliches und revolutionäres Design, da ging kein Detail ungestylt in Produktion.

Aber nun genug den Vorbereitungen, ausladen, umziehen, und rauf auf's Bike.

Erster Eindruck:
Als erstes fällt einem gleich mal die Kommandozentrale auf. Digitaler Tacho mit einer Menge Informationen. Ist im Hardcore Einsatz unnötig aber nett is es schon wenn man alle Infos schön präsentiert bekommt. Von der Sitzposition her is alles so wie es sich gehört, der Schaumstoff paßt genau und die Tank-Sitzbankposition ist sehr sportlich aktiv gehalten. Von der Sitzhöhe her doch eher für Leute über 175cm. Unser weiterer Tester Franz "die Kampfmaschine" Reiser hatte da schon leichte Probleme beim kontrollierten finden des Bodenkontaktes (172cm Körpergröße).
Zündschlüssel umdrehen und die Einspritzung macht sich bereit für den Einsatz. Eine tolle Idee ist er Choke der mit dem Daumen neben dem Gasgriff betätigt wird! Ein kurzer Druck am Startknopf und ein fauchendes 2-Zylinder grollen erfüllt meinen Helm mit einer ehrfürchtigen Geräuschkulisse. Völlig ungewohnt. Wo bin ich da? Die Aprilia RXV 450 hat einen Spruch wie min 800ccm, aber nicht laut, erinnert einwenig an die Racing HP2. So jetzt aber raus auf die Strecke. Die Stehposition passt, obwohl man bei der Gabelbrücke keine Verstellmöglichkeit der Lenkerposition hat, bin ich mit der originalen auch sehr zufrieden.

Fahrwerk:
Auf der harten Strecke hinterlässt das Fahrwerk einen guten Eindruck, die Gabel arbeitet sehr feinfühlig, ist auf den Enduroeinsatz abgestimmt und frisst so ziemlich alles was sich ihr in den Weg stellt, selbst bei harten Landungen zeigt sie noch genügend Durchschlagsreserven.

Joe Lechner bemerkte beim schnellen Anbremsen mit dazugehörigen Wellen ein leichtes Stempeln des Federbeins. Ansonst wirkt die Aprilia sehr ausgewogen und verhält sich neutral mit viel Reserven.


Motor:
Der ganze Stolz der Italiener ist natürlich der V2. Ich war doch etwas voreingenommen was die Charakteristik betrifft. Mit einem Zweizylinder, gegenüber einem Single, denkt man doch gleich an ein Leistungsmanko im unteren Bereich, doch die Aprilia sollte mich auch diesmal eines besseren Belehren.

Dank der Einspritzung gelingt es der Aprilia schon tief aus dem Drehzahlkeller mächtig Leistung bereitzustellen, diese steigt dann mit der Drehzahl gewaltig an. Das Ding zieht nach Meinung aller ab mittlerer Drehzahl davon wie eine Rakete. Die Aprilia ist auf rutschigem Boden bis zur Hälfte des Drehzahlbandes toll zu kontrollieren, super berechenbar, und feuert dann richtig los. Aus dem Anlieger heraus nochmals kurz nachgefeuert und das Vorderrad bäumt sich auf.

   


Beim Triebwerk gab es von allen nur positive Kritik, nur vor der Leistung im oberen Drehzahlbereich kam solch etwas Respekt auf.

Bremsen, Kupplung:
Über die Bremsen und Kupplung gibts nicht viel zu sagen, das funktioniert genau so wie es sein soll. Die Seilzugkupplung ist zwar nicht der letzte technische Schrei aber von der Leichtgängigkeit her kaum von einer Hydraulischen zu unterscheiden.

Aber nun zum wesentlichen:

Wie fährt sich das Ding?
In den engen Kurven biegt die Aprilia erstaunlich schön ab, das Vorderrad gibt einem viel Vertrauen, auf langgezogenen Kurven fällt es gegenüber den Einzylindern auf das es schwer ist einen Drift hinzulegen da das Drehzahlband einfach anders ausgelegt ist. Dabei erinnert die Aprilia sehr stark an die 450er 2-trak von Yamaha, auch was das Gewicht betrifft sind sich die beiden sehr ähnlich.
In engen kniffligen Passagen wiederum ist sie erstaunlich handlich und agil.
Beim Anbremsen merkt man schon das die Aprilia einiges an Kilos auf den Rippen hat. Ebenso machen sich auch die rotierenden Massen im Motor
beim Fahren bemerkbar. Die rund 10 kg die sie mehr auf die Waage bringt als herkömmliche 450er Hardenduros kann man nicht wegzaubern, höchstens etwas kaschieren und das gelang ganz gut.
Was besonders gefiel war die unanstrengende Weise mit der die Aprilia zu fahren war. Normalerweise hab ich ja gleich mal Unterarme wie Popeye, doch die Aprilia entspannt durch ihr ungewöhnliches und lineares Drehzahlband. Aber vielleicht liegt es daran das sich kaum Vibrationen des Zweizylinders bis hinauf zum Lenker verirren?


In welche Schublade ist die neue jetzt einzuordnen?

Sie paßt eigentlich in keine rein. Sie ist überall mit von der Partie aber nirgends Weltmeister.
Darum ist es auch schwer sie mit einer herkömmlichen 450 Hardenduro zu vergleichen, da zieht sie im schweren Geländeeinsatz meist den Kürzeren.
Sie ist ein echter Allrounder. Mit Ihr kann man locker jeden Tag auch weitere Strecken in die Arbeit gasen und trägt mit Stolz auch eine Vignette.
Sich am Erzberg im Ziel feiern lassen (vorausgesetzt der richtige Fahrer sitzt oben) oder bei einem Enduro EM Lauf mitmischen, im Winter bei einer Wüstentour teilnehmen oder einfach am Samstag Nachmittag auf die Crossstrecke düsen, die Aprilia macht alles mit.
Mein Respekt gebührt den Aprilianern auf alle Fälle. Sie haben Mut bewiesen sich auf etwas ganz neues eingelassen und die Aufgabe sehr gut gelöst.
 

Zahlen, Daten Fakten

Motor V2-Zylinder-4-Takter, 77°, je vier Titanventile
Hubraum (cm³) 449 cm³
Leistung 52PS
Verdichtung 12,5 : 1 (450)
Bohrung x Hub 76,0 x 49,5 mm (450)
Schmierung Trockensumpfschmierung mit getrenntem Öltank
Kupplung Mehrscheibenkupplung im Ölbad
Getriebe 5-Gang
Bremsen vo. Stahlbremsscheibe, O/ 270 mm schwimmend gelagert.
Bremsen hi. Stahlbremsscheibe, O/ 240 mm schwimmend gelagert.
Reifen vorne 90/90 x 21
Reifen hinten 140/80 x 18
Sitzhöhe 996 mm
Gewicht 126 kg vollgetankt
Tankinhalt 7,5 l

+ weltklasse Design
+ ausgewogenes Fahrwerk
+ Sitzposition und Einlenkverhalten
+ riesiges nutzbares Drehzahlband
+ super Sound

- fühlt sich etwas schwerfällig an
- 124 kg Leergewicht
- keine Griffmulden am Heck, man greift auf den Auspuff (auh!)

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Sie ist überall mit von der Partie aber nirgends Weltmeister. Darum ist es auch schwer sie mit einer herkömmlichen 450 Hardenduro zu vergleichen, da zieht sie im schweren Geländeeinsatz meist den Kürzeren. Sie ist ein echter Allrounder.


  • Super Design
  • ausgewogenes Fahrwerk
  • Sitzposition und Einlenkverhalten
  • riesiges, nutzbares Drehzahlband
  • guter Sound.
  • Fühlt sich etwas schwerfällig an
  • relativ hohes Trockengewicht
  • keine Griffmulden am Heck, nur bedingt im Gelände zuhause

Bericht vom 24.04.2006 | 13.222 Aufrufe

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