CBR 600 RR - 2005

Die CBR 600 RR war im Jahr 2003 sicherlich die aggressivste CBR welche Honda bis dahin jemals auf den Markt gebracht hat. Das Bike war ganz klar auf eine erfolgreiche Supersport WM Titelverteidigung ausgerichtet, was 2003 und 2004 damit ja auch gelang. Wie es sich für japanische Hersteller gehört, wird das Modell nun 2 Jahre später den Anforderungen des Marktes entsprechend verbessert. Das Ergebnis: Die CBR 600 RR 2005.

Großer Druck und goscherte Kollegen

Wie so immer empfinde ich eine Motorrad-Präsentation auch als Journalistenwettkampf. Wer ist schneller, wer bremst später, wer bringt die besten Fotos heim. Ich denke die Kollegen haben hier ein nicht so rivalisierendes Gemüt wie ich, was mein Konkurrenzdenken aber nicht im geringsten schmälert. Die Krone des schnellsten Journalisten des Landes setzt sich fast immer jemand von den Kollegen vom Reitwagen auf. Doch der 2. Platz muss auf alle Fälle für den 1000PS.at Piloten drinnen sein, was mir auch schon des Öfteren gelang. Harter Gegner bei diesem ehrgeizigen Unterfangen ist Kollege Werner Jessner von der Auto-Revue. Die Foto Wertung gewinnt er ohnehin bei jedem Event, doch diesmal ist er noch wesentlich goscherter als ich es bin. Er hat vermutlich eine gesamte Woche in irgendeiner elitären Racing-School verbracht, nur um mich mit Demütigungen zu bedecken.


links: NastyNils, rechts: Werner Jessner. Der Mann in der Mitte arbeitet an der Rennstrecke in Estoril in der Kantine und hat sich widerlich ins Bild gedrängt.
 
Karl Muggeridge fährt vor

Die ersten Runden bei der Fahrt in Estoril nimmt uns der Supersport Weltmeister 2004 - Karl Muggeridge - an die Leine. Frei nach dem Motto "was der kann, kann ich auch" hängte sich die Journalisten-Meute an und konnte Karl volle 6 Runden lang folgen. Irgendwann hat er dann auch mit der zweiten Hand zum Lenker gegriffen und bog in die Boxengasse ab. Doch auch ohne den Babysitter in Führung fühlt man sich auf der neuen Honda sofort sehr geborgen. Wie auch bei den Vorgängern der CBR Baureihe besticht die neue CBR vor allem wieder durch ihr sehr einfaches und dodelsicheres Handling. Auch nach nun mittlerweile 6-wöchiger Strassen- Abstinenz fallen mir die Runden auf der mir unbekannten Rennstrecke in Estoril besonders leicht. Auch die Sache mit der noch feineren Gasdosierung dürfte kein Prospekt-Prosa gewesen sein. In jeder Drosselklappenstellung macht der Motor genau dass was man von ihm erwartet und spricht sehr sauber an.

Die Entspannung am Bike verflüchtigt sich jedoch sofort, als ich an der Boxenmauer die gnadenlosen Beobachter mit gezückter Handy-Stoppuhr ausmache. Das darf doch nicht wahr sein. Gerade mal 6 Runden im Sattel und schon beginnt der unbarmherzige Kampf gegen die Zeit.


Der Weltmeister gibt die Linie vor
   
Zentralisierung der Massen

Wäre da nicht die Stoppuhr an der Boxenmauer, wären die Runden mit der CBR 600 RR eine relativ stressfreie Sache. Honda begründet das sehr einfache Handling der CBR mit einer starken Zentralisierung der Massen. Jedes Gramm des Motorrades wanderte bei der Konstruktion so nah wie möglich zum Schwerpunkt des Bikes. Dadurch ergibt sich ein geringerer Trägheitswiderstand beim Umlegen und vor allem bei Schräglagenwechsel. Als wichtiges Beispiel sei nur die Neukonstruktion des Hecks inklusive Auspuff genannt. Das Under-Seat Konzept entspricht eigentlich gar nicht dem Grundgedanken der Massenzentralisierung, ist aber derzeitiger Stand der Technik, ähhh Marketings. Somit kommt die Gewichtsersparnis von 1,4 kg bei der Neukonstruktion des Auspuffes gerade recht.

Auch beim Rahmen legten die japanischen Ingenieure noch einmal eine Hungerkur ein. Stärker beanspruchte Zonen des Rahmens wurden verstärkt, bei sanfter beanspruchte Zonen wurde die Rahmenstärke reduziert. Insgesamt wurden dem Rahmen so 1,5kg runter gerechnet. Auch am verschraubten Heckrahmen konnte man noch mal 700 Gramm sparen. Insgesamt reissten die Techniker dem Eisen 6kg runter. Das Gewicht wird nun mit 163kg trocken angegeben.


Neuer Auspuff, geändertes Heck
   
Der Motor - Mehr in der Mitte

CBR Piloten welche um die Mitte ein wenig zugelegt haben, müssen beim Anblick der Badezimmerwaage nicht die Flucht ergreifen. Auch die CBR wurde um die Mitte rum etwas stärker. Die Spitzenleistung von 117 PS blieb unangetastet und man konzentrierte sich auf mehr Mid Range Power.

Dies wird teilweise dadurch erreicht, dass der mittlere Abschnitt der Ansaugkanäle verengt wird, um den Venturi-Effekt zu betonen. Diese geringe Verengung verbessert tatsächlich die Ansaug-geschwindigkeit sowie das Luft/ Kraftstoffvolumen in den Brennkammern, so dass die Zylinder schneller und vollständiger während des kurzen Intervalls gefüllt werden können, in dem die Einlassventile geöffnet sind.

Laut Honda Prüfstand soll das Ergebnis am Papier dann so aussehen wie in der Grafik links.

   
   


MotoGP Style - Wenn schon nicht der Fahrer, dann zumindest beim Bock

Moto GP Style

Auch wenn Rossi den Honda-Fans heuer kräftig in die Suppe gespuckt hat, ist für die meisten Moto GP Freaks eines klar. Das beste Bike ist nach wie vor die RC 211 V. Nur der beste Fahrer saß eben auf einem anderen Eisen. Daher setzt man auch in der CBR Saison 2005 sehr auf das RC 211 V ähnliche Design und verfeinert dieses an einigen Stellen. Der Lufteinlasskanal an der Front wurde nun wesentlich besser integriert und die Front wirkt gemeinsam mit dem etwas anders gestylten Scheinwerfer noch aggressiver.

 

 
Kein Muckser mehr am Stammtisch  

Der Kritikpunkt am Stammtisch waren in der vergangenen Saison sicherlich die falsch montierten Bremszangen an der Front. In der Saison 2005 gibt es das natürlich nicht mehr - die neue CBR hat radial montierte Bremssättel. Die Bremspumpe ist jedoch in herkömmlicher Bauart aufgebaut und auch der Bremsflüssigkeits-Ausgleichsbehälter ist in den Bremszylinder integriert. Dies passt zumindest optisch für meinen Geschmack nicht ganz zum super sportlichen Design des Bikes. Rein funktionell gibt es natürlich nix zu meckern. Die Bremse ist einfach zu dosieren und verzögert auf Wunsch härter als meiner Angstgrenze lieb ist. Meisterschaftspiloten werden für 2:00er Zeiten am Pannoniaring ohnehin eine radiale Bremspumpe montieren - für den Rest ist diese Investition wieder nur für den Stammtisch erforderlich.


oben: radiale Bremserei und Upside Down Gabel

links: zu wenig Racing-Look am rechten Lenker. Aber genug Racing-Feeling beim Ankern.

   
Großes Vertrauen - große Front

Die neue CBR 600 RR begeistert vor allem wieder am Kurveneingang. Die Front vermittelt ein sehr gutes Gefühl der Kontrolle und man hat sofort sehr großes Vertrauen. Auch nach harten Bremsmanövern und mit einem etwas zu optimistischen Speed gerät man beim Umlegen nicht in Bedrängnis. Bei der schnellen und langen Kurve vor Start - Ziel, klarerweise die Schlüsselstelle des Kurses, sollte man sich auf keinen Fall zu weit nach außen wagen. Dort erwarten den Linien-Pfuscher ungemütliche Bodenwellen und zaubern beim ersten Mal Angstschweiß auf die Stirn. Doch auch hier gibt sich das Fahrwerk unbeeindruckt und so macht einem die schlechte Linie gleich viel weniger Sorgen.

Unit Pro Link - Da kommt nix mehr von hinten

Schon des Öfteren habe ich bei heißen Boxengassendiskussion folgende Phrase vernommen:" Die Wacklerei kommt von hinten, und nicht von vorne...". Das soll heißen, dass Probleme bei der Abstimmung der Gabel nicht immer unbedingt an der Gabel zu lösen sind. Bei herkömmlichen Fahrwerkskonzepten stützt sich das Federbein am Rahmen des Motorrades ab. So können Schwingungen über die Schwinge, Stoßdämpfer, Rahmen und Gabel bis vorne in das Vorderrad gelangen. Honda hat bei der RC211V einen auf den ersten Blick recht simplen aber höchst effektiven Lösungsansatz gefunden. Durch die Anordnung des Unit Pro Link Systems ist eine Verbindung des Stoßdämpfers mit dem Rahmen überflüssig. Das System der Hinterradaufhängung ist in sich abgeschlossen und auftretende Unruhen im Hinterrad werden nicht mehr in das gesamte Motorrad übertragen. Diese Lösung macht Abstimmungsarbeiten an der Rennstrecke einfacher und wurde dann auch in die CBR 600 RR übernommen. Für die Technik Freaks hier eine UPL Animation am Heck der CBR.

Für die Saison 2005 wurde das System noch einmal überarbeitet. Die Dämpferaufnahme ist nicht mehr mit der mächtigen Schwinge verschraubt, sondern in einem Guß verbunden.

 

Wer nicht schnell genug ist, investiert in einen HRC Kit. Die Ausreden gehen dann aber aus...
CBR 600 RR Tune up

Wer mit der CBR 600 RR in diversen Meisterschafften antreten möchte, kann auch dieses mal auf einen fertig entwickelten Kit aus der Honda Racing Schmiede HRC zurück greifen. Experimente sind also nicht notwendig. Es werden 3 Kits angeboten:

  • Motor Kit: ca. 1300 Euro
  • Getriebe Kit: ca. 1150 Euro
  • Zündungs Kit: ca. 1700 Euro

Der Kit ist ab Februar 2005 verfügbar. Infos zu diesem Thema holt man sich am besten bei Christian Zwedorn bei Honda Austria. Telefon: 02236/ 690-0

 
Das schwarze Gold - Bridgestone BT 014

Auf der Honda CBR 600 RR sind in der Saison 2005 serienmäßig Bridgestone BT 014 aufgezogen. Die Reifen sind für den Großteil der neuen Besitzer sicherlich eine sehr gute Wahl. Der Reifen ist auf der Strasse eine Wucht und für das eine oder andere Rennstrecken-Event ist man in Sachen Grip und Haltbarkeit mehr als ausreichend gerüstet. Das in der Vergangenheit übliche Geraunze diverser Helden über zu lausige Serienschlapfen verstummt hier auf alle Fälle.

Fast hätte ich es vergessen. Der Jessner von der Auto-Revue war ANGEBLICH schneller als ich. Die Stoppuhren an der Boxenmauer sprachen ANGEBLICH eine deutliche Sprache. Zum direkten Duell ist es leider nicht mehr gekommen. Nach dem 2. Turn begann es zu regnen und wir nudelten um die Strecke wie die ersten Menschen. Als Ausnahmetalent im Regen zeigte sich Isle of Man Legende Michael Stirner vom Auto-Touring. Er fuhr im Regen Kreise um den Rest der Schreiberlinge.

Kollege Faulaber aus Österreich (Name von der Redaktion geändert) legte die CBR bei unvorstellbaren 15km/h Kurvengeschwindigkeit hin. Alex Bongo Kraus von Honda Austria zeigte sich zutiefst erschüttert. Die Strafe wurde dann am Abend in der Karaoke Bar abgebüßt. Faulaber enttäuschte auch dort und wurde sogar von den anwesenden Japanern ausgebuht. Nur Alex Kraus zeigte sich als echter Musiker. Seine Elvis Interpretationen waren schwer in Ordnung und zeigten von viel Sierra Madre-Zeltfest-Erfahrung. Die Live-Videos aus der Bar werden jedoch aus Angst vor Repressalien nicht veröffentlicht.


Auch Zonko hat seinen Regenmeister gefunden
 
News CBR 2005 im Fokus:
  • Neue Front mit neuen Ram-Air Einlässen
  • Neues leichtes Heckdesign
  • Neuer leichterer Auspuff
  • Motor mit vielen Veränderungen. Insgesamt leichter und im mittleren Drehzahlbereich stärker.
  • Feineres Motoransprechverhalten
  • Neuer leichterer Rahmen
  • Neues leichteres und wartungsfreundlicheres Unit-Pro-Link System an der Hinterradaufhängung
  • Voll einstellbare Upside Down Gabel
  • Radial montierte Bremszangen vorne
  • Insgesamt um 6kg leichter

Die neue CBR 600 RR kommt in 3 Farben. Mir persönlich gefällt die elegante Blaue am besten. Honda Fans werden vermutlich hauptsächlich zur HRC Tricolor greifen. Nachwuchsghostrider setzen auf das schwarze Stück mit Silber-metallic Elementen.

 Welche Farbe steht der CBR 600 RR am besten...

Blau
HRC-Tricolor
Schwarz

 

Munition für den Stammtisch:
  • Honda wurde mit der CBR 600 RR in den letzten 3 Jahren Weltmeister in der Supersportklasse. DER Maßstab für seriennahe Supersport Eisen.
  • Auch in der starken deutschen Meisterschaft IDM wurde der Titel im Jahr 2004 von der CBR 600 RR geholt
  • Kein anderes Eisen lehnt sich in Sachen Design so stark an MotoGP Eisen an wie die RRs von Honda
  • Die CBR 600 war heuer, wie auch in den letzten Jahren das meistverkaufte 600er Supersport Gerät in Europa
Technische Daten:

Motor:

  • DOHC, 4-Zylinder Reihe, 4 Takt, 599ccm
  • Bohrung / Hub: 67 / 42,5mm
  • Leistung: 86kW bei 13000 U/min
  • Drehmoment: 66Nm bei 11000 U7min
  • Verdichtung: 12:1
  • Ölvolumen: 3,5 Liter
  • Drosselklappendurchmesser: 40mm

Fahrwerk & Chassis:

  • Rahmen: Aluminium-Brückenrahmen
  • Radstand: 1395 mm
  • Bereifung vo / hi: 120/70 ZR 17", 180/55 ZR17"
  • Nachlauf: 95mm
  • Lenkkopfwinkel: 24°
  • Federung vorne: 41mm Upside-down HMAS-Kartuschen-Teleskopgabel, einstellbare Federvorspannung, einstellbare Zug- und Druckstufendämpfung, 120 mm Federweg
  • Federung hinten: Unit-Pro-Link-Aluminiumschwinge mit gasdruckunterstütztem Federbein, einstellbarer Federvorspannung, einstellbarer Zug- und Druckstufendämpfung, 130 mm Federweg
  • Sitzhöhe: 820 mm
  • Trockengewicht: 163 kg
  • Bremsen vorne: 310-mm-Doppelscheibenbremsen mit radial befestigten Vierkolbenbremszangen und Sintermetall Bremsbelägen, schwimmende Scheiben
  • Bremsen hinten: 220-mm-Einscheibenbremse mit Einkolbenbremszange und Sinermetall Bremsbelägen

Listenpreis in Österreich: 11.650 Euro

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Fazit: Honda CBR600RR 2004

Das System der Hinterradaufhängung ist in sich abgeschlossen und auftretende Unruhen im Hinterrad werden nicht mehr in das gesamte Motorrad übertragen. Diese Lösung macht Abstimmungsarbeiten an der Rennstrecke einfacher und wurde dann auch in die CBR 600 RR übernommen. Tolles Bike.


  • viel Vertrauen für die Front
  • zuverlässige Technik
  • sehr leicht
  • Motorleistung fehlt im Vergleich zu Mitbewerbern

Bericht vom 08.12.2004 | 28.877 Aufrufe

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